Samstag, 17. August 2013

Berliner Bilderbogen (Teil 4)

Alte Nationalgalerie und kein Ende

Arnold Böcklin (1827 - 1901)


Böcklin ist ein Liebling der Kuratoren der Alten Nationalgalerie. Es werden bestimmt sieben oder acht Werke von ihm in der Sammlung präsentiert. Und dies nicht ganz ohne Grund. Denn Böcklin war, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen, ein Meister auf vielen Gebieten. Porträt- oder Landschaftsmalerei, christliche Geschichte oder Bilder zur Sagenwelt sind sein Metier, genauso wie die mythischen Welten in der Art seiner Toteninseln.

Seine römische Frau bildet er im folgenden Porträt im Profil ab.

Arnold Böcklin - Bildnis Angela Böcklin (1863) - Tempera und Wachs auf Holz (41 x 32 cm)
Arnold Böcklin - Bildnis Angela Böcklin (1863) (Ausschnitt) - Tempera und Wachs auf Holz (41 x 32 cm)

Das Besondere am dem religiösen Bild ist die vom göttlichen Glanz erleuchtete Mauer.
Arnold Böcklin - Beweinung unter dem Kreuz (1876) - Tempera und Firnis auf Holz (164 x 250 cm)
Arnold Böcklin - Beweinung unter dem Kreuz (1876) (Ausschnitt) - Tempera und Firnis auf Holz (164 x 250 cm)

Dieses kleine, feine Landschaftsbild soll angelehnt sein an ähnliche Motive seines Freundes Franz-Dreber.
Arnold Böcklin - Italienische Landschaft (um 1858) - Öl auf Leinwand (42,5 x 34,5 cm)

Verpackt in eine mythologische Szene, ist der schäumende Wasser-Aufprall gegen die Felsen das eigentliche Thema des Bildes.

Arnold Böcklin - Die Meeresbrandung (1879) - Öl auf Holz (121 x 82 cm)

Arnold Böcklin - Die Meeresbrandung (1879) (Ausschnitt) - Öl auf Holz (121 x 82 cm)

Giovanni Segantini (1858 - 1899)

Segantinis Bilder sind unverwechselbar. Seine Malweise, in der er die Farben ungemischt Strich für Strich nebeneinander platziert, erinnert sehr an den Pointillismus. Er steht aber meilenweit über diesem. Denn es gelingt ihm, im Gegensatz zu völlig überschätzen Malern wie Signac oder Seurat, seinen Gemälden wirkliches Leben einzuhauchen.

In der Alten Nationalgalerie ist eine seiner besten Arbeiten ausgestellt. Dessen Leuchten ist der Blickfang des Ausstellungsraumes. Abgebildet ist eine für Segantini typisch reliefartige Szene, auf einem Hochplateau in den Bergen der Schweiz. Ein kleiner Trauerzug führt einen Toten zu seiner letzten Ruhestätte.

Giovanni Segantini - Rückkehr zur Heimat (1895) - Öl auf Leinwand (161,5 x 299 cm)

Carl Blechen (1798 - 1840)

Coverversionen von eigenen Songs kommen bei Musikern selten vor. In der Malerei ist dies jedoch gang und gäbe. Wenn zu einem bestimmten Bildtypus eine große Nachfrage bestand, war der Künstler häufig gezwungen, dem Markt das zu bieten, was er verlangte. Der Maler musste eine Familie ernähren und hatte keine Wahl. So zum Beispiel in dem von mir beschriebenen Fall Carl Wilhem Hübners. Der Anstoß zu der Wiederverwendung eines Motivs kann natürlich auch vom Künstler selber kommen.

In der Nationalgalerie sind zwei Gemälde Carl Blechens ausgestellt, die einen ganz engen Bezug zueinander haben. Der Park von Terni wird einmal als Kulisse für zwei badende Frauen, ein andermal für zwei diskutierende Mönche verwendet. Das Ursprungsmotiv scheint die Variante mit den beiden Badennixen zu sein, denn in der Staatsgalerie Stuttgart ist eine kleine identische Studie und im Frankfurter Städelmuseum ein großes Bild gleichen Inhalts zu sehen. Beide schon aus dem Jahr (1828/29).

Hier nun die Variationen aus der Alten Nationalgalerie.

Carl Blechen - Park von Terni mit badenden Mädchen (1835) - Öl auf Leinwand (107 x 77 cm)
!Da meine Aufnahme viel zu schlecht ist, stammt die Abbildung der Badenden aus Wikipedia!
Carl Blechen - Zwei Mönche im Park von Terni (1830) - Öl auf Leinwand (63 x 51,5 cm)
Carl Blechen - Zwei Mönche im Park von Terni (1830) (Ausschnitt) - Öl auf Leinwand (63 x 51,5 cm)

Eduard Gaertner (1801 - 1877)

Gaertner ist vielleicht der beste Architekturmaler, den Deutschland je hatte. Seine liebevollen Stadtansichten sind aufgrund ihrer Genauigkeit und Atmosphäre unübertroffen. Man taucht ein ins Berlin des 19. Jahrhundert und saugt das Flair dieser noch in ihren Kinderschuhen stehenden Weltstadt auf. Gaertners Lichtbehandlung straft jeden Lügen, der behauptet, erst die Impressionisten hätten verstanden, wie man die Facetten des Lichts wirklichkeitsnah darstellt.

Eduard Gaertner - Unter den Linden (1852/53) - Öl auf Leinwand (75 x 155 cm)
Eduard Gaertner - Unter den Linden (1852/53) (Ausschnitt) - Öl auf Leinwand (75 x 155 cm)
Eduard Gaertner - Unter den Linden (1852/53) (Ausschnitt) - Öl auf Leinwand (75 x 155 cm)
Eduard Gaertner - Die neue Wache in Berlin (1833) - Öl auf Leinwand (47 x 77 cm)
Eduard Gaertner - Die neue Wache in Berlin (1833) (Ausschnitt) - Öl auf Leinwand (47 x 77 cm)

Theodor Hildebrandt (1804 - 1874)

Die Räuber ist das erste Drama des noch jungen Friedrich Schiller. Es handelt von einem zu Unrecht vom Vater verstoßenen Grafensohn, der, auf sich alleine gestellt, nicht wirklich was mit seinem Leben anzufangen weiß. Die Folge ist klar. Er hat keine Ziele und nichts zu tun. Hängt mit falschen Freunden rum und gerät auf die schiefe Bahn. Sie gründen eine Gang und berauben in bester Robin Hood-Manier die Reichen und geben es den Armen. Jedoch zerbröckeln seine Ideale immer mehr an der Realität. Und, wie es sich für einen Klassiker gehört, sind am Ende fast alle Tod.

Hildebrandts Räuber hat schon glücklichere Tage erlebt. Der goldene Ehering an seinem Finger weist auf die heile Welt seines früheren Lebens hin. Nun sitzt er einsam in einer verlassenen Ecke, mit dem Gewehr in der Hand, auf Gefahren lauernd. Ob er jemals wieder in die behütete Welt, die nur noch in seinen Erinnerungen existiert, zurückkehren kann, steht in den Sternen.

Theodor Hildebrandt - Der Räuber (1829) - Öl auf Leinwand (114 x 99 cm)

Julius Hübner (1806 - 1862)

Das von Hübner in der Alten Nationalgalerie ausgestellte Gemälde wird wohl ein Hochzeitsgeschenk gewesen sein. Denn just in dem Jahr der Fertigstellung des Bildes heiratet der Künstler die auf dem Porträt abgebildete junge Schönheit. Pauline Bendemann, die Schwester seines Malerkollegen Eduard Bendemann.

Julius Hübner - Pauline Hübner geb. Bendemann (1829) - Öl auf Leinwand (189,5 x 130 cm)
Julius Hübner - Pauline Hübner geb. Bendemann (1829) (Ausschnitt) - Öl auf Leinwand (189,5 x 130 cm)

Freitag, 16. August 2013

Berliner Bilderbogen (Teil 3)

Noch mehr aus der Alten Nationalgalerie

Carl Spitzweg (1808 - 1885) 

Spitzweg war nie der große, technisch versierte Meister. Aber seine kleinen, lieblichen Geschichten sind immer noch unverändert populär. Bei Amazon werden alleine fünf verschiedene Kalender zum kommenden Jahr 2014 mit seinen Bildern gelistet. Mehrere Werke Spitzweg sind in der Nationalgalerie zu sehen, so auch die hier abgebildeten, kräftig die Tassen hebenden Feierbiester am Starnberger See.

Carl Spitzweg - Alte Schänke am Starnberger See (1865) - Öl auf Leinwand (32 x 54 cm)
Carl Spitzweg - Alte Schänke am Starnberger See (1865) (Ausschnitt) - Öl auf Leinwand (32 x 54 cm)

Paul Baum (1859 - 1932)

Baum ist einer derjenigen Maler, die sich vom Paulus zum Saulus gewandelt haben. Seine frühen, der akademischen Tradition verpflichtenden Bilder zeugen von Können und Detailfreude. Den späteren, impressionistischen Werken fehlt jedoch der Atmen, der die Bilder zum Leben erweckt. Ganz anders das folgende Gemälde Baums. Hier riecht man die Luft nach einem Regenschauer und hört das Wasser plätschern. Auch wenn es im Atelier entstanden ist, kann es das Gefühl für Natur viel eher vermitteln, als viele der kunterbunten, impressionistischen Freiluftbilder.

Paul Baum - Nach dem Regen (1883) - Öl auf Holz (55,5 x 80,5 cm)

Karl Buchholz (1849 - 1889)

Die Weimarer Malerschule habe ich bisher nicht wahrgenommen. Ich wusste, dass sie für ihre Landschaften berühmt waren, aber ihre Gemälde sind mir noch nie über den Weg gelaufen. Aber ich gelobe Besserung und habe zur Vergebung meiner Sünden zwei Bücher über diese Maler bestellt. Dann werde ich erfahren, warum der talentierte Karl Buchholz mit 40 Jahren Selbstmord beging und wieso Paul Baum seinen Malstil änderte.
Buchholz Frühlingsbild ist atmosphärisch wunderbar gelungen und der stark V-förmige (die Verlängerung der beiden Dächer links und rechts in Richtung Weg) Bildaufbau nicht jeden Tag bei einem Landschaftsbild zu sehen.

Warum das Werk laut Plakette im Museum Frühling auf dem Dorf heißt und um 1872 entstanden sein soll, ist mir schleierhaft. Eigentlich ist die Herkunft, wenn man den Angaben des Bildarchivs Foto Marburg glaubt, bestens dokumentiert.

Karl Buchholz - Frühling in Oberweimar (1868) - Öl auf Leinwand (60 x 49 cm)

Fritz von Uhde (1848 - 1911)

Die religiöse Malerei wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert in Deutschland vor allem von den Nazarenern bestimmt. Ihre Kunst war rein und erhaben. Für viele (ich zähle mich dazu) auch langweilig. Menschen, deren christlicher Glaube nicht so fest wie in früheren Jahrhunderten war, konnte man mit dieser abgehobenen Darstellung nicht packen. Kann die christliche Malerei nicht weltlicher werden? Wo sind die realen Menschen in all den Heiligenbildern? Diese Lücke füllte neben Eduard Gebhardt kein Maler so sehr wie Fritz von Uhde.

Auf dem Gemälde der Alten Nationalgalerie holt der Maler Jesus in das Hier und Jetzt (natürlich bezogen aufs Jahr 1885). Er ist überraschender Gast einer armen Handwerker-Familie, die gerade ihr "Komm, Herr Jesus" betete. Und siehe da, der Herr kam.
Fritz von Uhde - Das Tischgebet (1885) - Öl auf Leinwand (130 x 165 cm)
Fritz von Uhde - Das Tischgebet (1885) (Ausschnitt) - Öl auf Leinwand (130 x 165 cm)

Fritz von Uhde - Das Tischgebet (1885) (Ausschnitt) - Öl auf Leinwand (130 x 165 cm)

Fritz von Uhde - Das Tischgebet (1885) (Ausschnitt) - Öl auf Leinwand (130 x 165 cm)

Max Liebermann (1847 - 1935)

Liebermanns Bilder sind mir oft zu unvollendet. Nicht, dass sie schlecht wären. Bei weitem nicht. Dafür ist er ein viel zu gut ausgebildeter Maler. Aber häufig würde ich mir mehr Schliff und ausgemalte Passagen wünschen.
Eines der Werke aus der Übergangszeit zum impressionistisch angehauchten Malstil ist das folgende Bild aus dem Jahre 1881. In früheren Zeiten wäre es als Studie (siehe zum Beispiel das als Farbskizze deklarierte Werk Anton von Werners zum Gastmahl der Familie Mosse, Teil 1 des Berliner Bilderbogens) angesehen worden, aber die Zeiten ändern sich.
Ich mag das Bild. Da verzeihe ich ihm auch die perspektivisch etwas missratene linke Bildhälfte in bester van Gogh-Tradition :-)

Max Liebermann - Schusterwerkstatt (1881) - Öl auf Holz (64 x 80 cm)

Max Liebermann - Schusterwerkstatt (1881) (Ausschnitt) - Öl auf Holz (64 x 80 cm)

Gustav Spangenberg (1821 - 1891)

Der Tod bekommt sie alle. Ob Jung, ob Alt, ob Arm oder Reich, Ritter oder Bischof. Die Glocke des Todes zieht jeden in ihren Bann. Wer jetzt noch verschont bleibt, wird beim nächsten Mal an der Reihe sein. Gerade verabschiedet sich ein zum Krieg ausziehender Landsknecht, um seinen ihm zugewiesenen Platz in der endlosen Schlange einzunehmen.
Gustav Spangenberg - Der Zug des Todes (1876) - Öl auf Leinwand (158 x 282 cm)
Gustav Spangenberg - Der Zug des Todes (1876) (Ausschnitt) - Öl auf Leinwand (158 x 282 cm)
Gustav Spangenberg - Der Zug des Todes (1876) (Ausschnitt) - Öl auf Leinwand (158 x 282 cm)

Franz von Lenbach (1836 - 1904)

Die Augen sind der Spiegel der Seele. Wer sie versteht, versteht den Menschen. Sie öffnen das Buch seiner Persönlichkeit.
Ein Maler, die dies sofort unterschrieben hätte, ist Franz von Lenbach. Denn in all seinen Porträts stehen die Augen im Mittelpunkt und ziehen den ganzen Fokus auf sich. Alles andere, außer dem Kopf selber, ist meist nur angedeutet gemalt.

Im Gegensatz dazu steht das im Teil 2 zu sehende Porträt von Leon Pohle, Bildnis des Malers Ludwig Richter . Dort wird der Mensch in einer für ihn wichtigen Umgebung gezeigt. Solch stilllebenartige Details sind in Lenbachs Porträts nie zu finden. Der Hintergrund ist immer einfarbig und lenkt die ganze Aufmerksamkeit auf den Gesichtsausdruck der Person.
Franz von Lenbach - Bildnis Otto von Bismarck (1884) (Ausschnitt) - Öl auf Leinwand - (124,5 x 89,5 cm)
Franz von Lenbach - Bildnis Otto von Bismarck (1884) (Ausschnitt) - Öl auf Leinwand - (124,5 x 89,5 cm)
Franz von Lenbach - Bildnis Richard Wagner (vor 1895) (Ausschnitt) - Öl auf Holz - (71,5 x 55,5 cm)