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Sonntag, 5. April 2009

ARC Salon 2008-2009

In der letzten Zeit eine Ausstellung eines 'modernen' Maler besucht oder im Internet gesehen? Enttäuscht von dem Müll, der dort als Kunst präsentiert wurde? Dilettantische Krakelei, die, wäre sie von dir, niemanden interessieren würden.

Wenn ja, dann gibt es einen Hoffnungsschimmer für deine Augen.

Salon

Der ARC Salon 2008-2009 hat seine Gewinner veröffentlicht. Diese schon zum fünften Mal stattfindende virtuelle Ausstellung zieht jedes Jahr viele talentierte Künstler an, für die Kunst noch von Können kommt.

Meinungsverschiedenheit auf hohem Niveau

Die Ausstellung ist gegliedert in fünf Bereiche. Figürliche Darstellungen, Stillleben, Landschaften, Skulpturen und Zeichnungen. Alle gezeigten Beiträge zeugen von großem technischen Können, was die gezeigten Werke zur Kunst erhebt. Die Beurteilung und Abstufung in den verschiedenen Kategorien (Bester, Gewinner, besondere Erwähnungen und Finalisten) fällt bei mir jedoch meist ganz anders aus, als die von der Jury getroffene Entscheidung.

Figürliche DarstellungDies war schon immer die Königsdisziplin der großen Maler. Die Darstellung von Menschen und ihren Geschichten bewegte die Betrachter zu allen Zeiten auf besondere Art und Weise. Auf diesem Felde waren die akademischen Meister des 19. Jahrhunderts wohl unübertroffen.

Moderne Probleme
Die technischen Grundfähigkeiten der heutzutage in den Ateliers ausgebildeten Maler sind beeindruckend, was aber fast allen mangelt ist die Fähigkeit, eine etwas komplexere Geschichte zu erzählen. Im Rahmen der Atelierausbildung fehlt, soweit ich das als Laie überblicke, eine Schulung in vielfigurigen Komposition. Die Darstellung einzelner Personen im Porträt wird exzessiv zeichnerisch und malerisch geübt. Auf diesem Stand bleiben dann die meisten der heutigen Maler stehen. Zum einen, weil die kompositorischen Schwierigkeiten für viele zu groß sind, zum anderen wird der Zeitaufwand von potentiellen Käufern zu wenig belohnt. Porträts waren und sind immer gefragt, aber eine mehrfigurige Darstellung muss schon den exakten Geschmack des Käufers treffen.

Langweilige Gewinner
So ist es kein Wunder, dass die meisten Darstellungen dieser Kategorie einfache, einfigurige Darstellungen sind. Warum jedoch gerade die drei Gemälde von Oleg Radvan, Manfred W.Jürgens und Salvador Jose Villigran Jr. als Gewinner ernannt wurden, ist mir schleierhaft. Ich finde sie langweilig und nichtssagend.

Oleg Radvan's Anna ist vielleicht eine gekonnte, rot-weise Farbspielerei, aber dieser leere Gesichtsausdruck berührt mich überhaupt nicht.

Genauso die vielleicht an Leonardos Mona Lisa erinnern sollende Huiwen Chang von Jürgens. Sauber gemalt, aber die Figur sprüht kein Leben aus, ihr fehlt das Blut in den Adern.

Blaues Blut in den Adern kann man der Figur in Past Present Future von Villagran nicht absprechen. Aber das Bild berührt mich nicht. Irgend etwas fehlt dem Gemälde, so dass der Wunsch aufkommt, dieses Thema von einem malerischen Künstler wie Daniel Gerhartz umgesetzt zu sehen

Brilliante Verlierer
Wie dem auch sein. Meine Favoriten sind ganz anders gelagert.

Als bestes Arbeit der Show hätte ich ganz eindeutig Donato Giancola's fantastisches Gemälde Archer of the Rose erwählt. Ich habe das Bild nun schon einige Male betrachtet und bin noch immer begeistert von der genialen Komposition und Bildwirkung. Die aus der Phalanx der glänzenden Schilder herausragenden Kämpferinnen, welche nach rechts oben zum imaginären Feind blicken, sind bewegend gemalt. Es ist der Moment dargestellt, in dem in all dem Lärm des Gefechts ein Augenblick der Stille herrscht und der hell erleuchtete Pfeil der Bogenschützin den Anführer der Feinde besiegen wird. So meine Vorstellung vom Geschehen. Spätestens mit diesem Bild ist für mich Giancola der König der mehrfigurigen Darstellungen.

Dagegen wirken Aengus Dewar's The Dicers und Boian-Mishev' s Ambition, wie der Titel schon sagt, ambitiös, aber wenig gelungen. Sie wirken zu statisch und arrangiert, um zu fesseln.

Dass man auch mit einer Figur eine kleine, berührende Geschichte erzählen kann, zeigen Kasra Kiai's Old Shoemaker und wiederum Giancola mit dem Gemälde The Reluctant Knight.
Das erste ist eine sehr sympathische Darstellung eines einfachen Schuhmachers, der sein Leben lang wohl schon an dieser Ecke sitzt, Schuhe repariert und sein karges Einkommen mit dem Verkauf von Zigaretten aufbessern muss. Ein zeitloses Genrebild ist dem Künstler damit gelungen.
Zum anderen die poetische Darstellung des verträumt blickenden Ritter, der ein kleines, stilles Plätzchen zur Ruhe und Abkühlung fand. Für viele wohl zu kitschig, für mich große Kunst.

Weitere Gemälde nach meinem Geschmack sind Arantzazu Martinez's The Witches House, welches, trotz des perspektivisch etwas misslungenen Vordergrundes an einen modernen John William Godward erinnert. Daniel Gerhartz Midsummers Night ist mein Favorit bei den grobflächigeren Malern der Sargent-Schule. Süßlich, aber sehr gelungen finde ich das kleine, feine Bild von Marina-Dieul, The Artist and her Work, und auch ihr stimmungsvolles Porträt, welches einen in einen Hitchcock-Film geratenen Franz Kafka-Verschnitt zeigt. Zuletzt das mehr als anziehende, in dieser Show einzigartige Bild von Mary Qian's In the Rain, welches die detailliert, lebendig gemalte Figur mit verwischten Stellen betont.

Stillleben

Warum Jeffrey T. Larson gleich zwei der drei Gewinne einheimst, ist nicht nachzuvollziehen. Mit seinen langweiligen Stillleben wäre er in meinem virtuellen Salon auf den hinteren Plätzen gelandet.

In meinen Augen ist die gelungenste Darstellung das Pinocchio-Bild First View of Florenz von Jonathan Queen. Außergewöhnlich und sich abhebend von all den Standardstillleben. Standard ist hierbei nicht negativ gemeint, da der Standard aufgrund der aktuellen Atelierpraxis enorm hoch ist. Aber um aus der Masse dieser Könner herauszuragen, muss ein besonderes Motiv gewählt werden. Und das hat Queen geschafft.

Eine perspektivische Meisterleistung ist Anthony Waichulis mit The Recipe gelungen. Beeindruckend, wie plastisch die Tomate und vor allem das Messer aus dem Bild ragen. Gelungen und originell.

Ansonsten finde ich den Farbkontrast bei Paolo J Silverio's Cucina Toscana und die feinen Farbabstufungen bei Jura Bedic's Monete ausgesprochen gekonnt und ansprechend gemalt.

Landschaft

Die Landschaften sind, im Gegensatz zu den anderen Kategorien, des Öfteren mit grobem Pinsel gemalt, was bei Landschaften aufgrund der Wirkung meist kein Problem darstellt.

An der Nennung der Gewinner habe ich nicht viel auszusetzen. Gute Wahl, aber, da die moderne Landschaftsmalerei sowieso nicht mein Hut ist, habe ich nicht viel mehr dazu zu sagen.

Mir, als Freund der Düsseldorfer Malerschule in der Tradition Carl Friedrich Lessings und seiner Schüler, fehlt einfach eine begleitende Story. Die Figuren in den Bildern der Ausstellung sind, wenn überhaupt vorhanden, meist grob gemalt und reine Staffage. Ein Bild wie Lessings Klosterbrand (siehe Feuerbachartikel) ist hier nicht zu finden. Viele der Bilder wirken zu sehr fotografisch, um eine längere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Skulptur

Da ich wenig Interesse und keine klare Meinung zu Skulpturen habe, enthalte ich mich des Kommentars.

Zeichnung

Die Zeichnungen sind in der Summe die mit Abstand hochklassigst besetzte Kategorie. Eigentlich zeugen alle gezeigten Beispiele von großem Können und sicherer Technik. Bei der Auswahl der Gewinner und der ehrenhaften Erwähnungen hat die Jury ein sehr gutes Händchen bewiesen und genau meinem Geschmack getroffen.

Was die erwählten Gemälde zu etwas besonderem macht, ist die ansprechende Thematik und die brillante Lichtführung.

Zu erstem zähle ich die an einem Science-Fiction Film erinnernde spektakuläre Darstellung Cindy and Zuzu von Ricky Colson III, das poetische Bild der vollständig drapierten, in sich versunkenen Figur The Vigil von Victor Gadino und das schlafende Kind Somme von Marina Dieul, einer atmosphärischen Zeichnung.

Die brillante und in dieser Form von mir noch nie gesehene Lichtführung ist auf Denis Chernovs beiden Gemälden A Boat und Roots zu sehen. Unglaublich, welche genialen Effekte Chernov mit seinen Bleistiftzeichnungen erreicht. Große Kunst ist das.

Fazit


Die Show zeigt sehr gut die Stärken und Schwächen der modernen, kunstvollen (im Gegensatz zu den lächerlichen Nichtskönnerwerken der offiziellen Hochschulen) Malerei unserer Zeit.
Die Zeichnung ist meiner Meinung nach auf höchstem Niveau. Einfache Stillleben oder einfigurige Porträts beherrscht heutzutage fast jeder Atelierschüler. Was den meisten aber fehlt, ist die Kunst des Geschichten-Erzählens. Von den Meistern des 19. Jahrhunderts oft in Perfektion beherrscht, wird diese Kunst heutzutage meist nur noch von den als Illustratoren (siehe Gurneys Blog) diffamierten Malern beherrscht. Auf diesem Gebiet ist also das meiste Steigerungspotential für zukünftige Salons zu erwarten.

Ich bin gespannt!