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Samstag, 18. Februar 2017

Landesgalerie Hannover Teil 2

19. und Anfang 20. Jahrhundert

Landesgalerie Hannover
Vor kurzem las ich ein Buch über die Malerdynastie der Kaulbachs. Da Friedrich als Hofmaler und Professor der wohl bedeutendste Hannoversche Maler des 19. Jahrhunderts war, hoffte ich natürlich, einiges von ihm in der Landesgalerie zu sehen, wurde aber enttäuscht. Er ist, wenn ich mich nicht täusche, mit keinem Werk vertreten. Nur von seinem Sohn Friedrich August konnte ich eine Porträtstudie des kleinen Bruders entdecken.

Landesgalerie Hannover

Der Stolz der Landesgalerie ist eindeutig die weit gefächerte Sammlung deutscher Impressionisten und frühen Expressionisten, die ihresgleichen sucht. Meine kritische Haltung diesen Richtungen gegenüber habe ich schon oft erwähnt, deshalb wundert es nicht, dass in meinen Augen die meisten Exponate keines zweiten Blickes wert waren, da ohne die entsprechende Signatur kein Hahn danach krähen würde. Die Stärke dieses Teils der Sammlung liegt in den Bildern des Übergangs, bei denen die akademischen Wurzeln noch nicht verleugnet werden und man die fehlende Vollendung nicht wirklich vermisst. Bei diesen Werken hat man keine langweiligen Schnellschüsse vor sich, sondern kann noch gut die in das Werk eingeflossenen Gedankenarbeit und Mühe in der Umsetzung erkennen.

Auf der Webseite wird mit wichtigen Werken der französischen Impressionisten geworben. Das ist ein reiner Marketing-Kniff und hat nichts mit der Realität zu tun. Ich habe schon einige Werke der bekannten Franzosen gesehen, aber in der Sammlung der Landesgalerie ist mit Sicherheit kein Bedeutendes ausgestellt, sondern Füllwerk. In einer anderen Hinsicht hätte man jedoch ruhig dicker auftragen können, da eine sehr schöne Kollektion dänischer Künstler präsentiert wird.

Doch der Reihe nach, es gibt genug Schönes für jeden Geschmack in Hannover zu sehen. Beginnen wir bei den Meistern der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und schreiten dann fort.

Caspar David Friedrich (1774 - 1840)

Friedrich ist neben Dürer der bekannteste deutsche Maler aller Zeiten. Er war nicht der größte Techniker, aber seine Werke haben eine faszinierende Ausstrahlung. Gefühle wie Sehnsucht, Einsamkeit, Weite, Unbedeutendheit oder Ruhe kann kaum ein Zweiter so gut visualisieren wie er. Die einzig vollständige erhaltene Serie eines Tageszeitenzyklus des Greifswalder Künstlers ist in der Landesgalerie ausgestellt. Die Bilder sind klein, deshalb braucht man gute Augen, um Details im Original zu erkennen. Dank der großen Abbildungen hat man diese Probleme im Internet zum Glück nicht.

Caspar David Friedrich - Der Morgen (um 1821)

Caspar David Friedrich - Der Mittag (um 1821) 
Caspar David Friedrich - Der Nachmittag (um 1821) 
Caspar David Friedrich - Der Abend (um 1821) 


Eine ausführliche Beschreibung des Zyklus kann man bei Wikipedia finden, ein paar Detailbilder hier.

Caspar David Friedrich - Der Tageszeitenzyklus (um 1821) - Details

Carl Eduard Ferdinand Blechen (1798 - 1840)

Ein weiterer Liebling der Kritiker ist neben Friedrich der Berliner Maler Carl Blechen. Ein Kompositionsschema, welches er immer wieder gerne verwendete, waren Landschaftsdarstellungen, bei denen die Vegetation oder Schluchten fast das gesamte Bild in Beschlag nehmen. Einzig ein kleines Stück Himmel, meist in Dreiecksform, lässt den Rest der Welt noch erahnen. Beispiele für diese Darstellung findet man zum Beispiel hier oder hier und natürlich auch in Hannover.

Carl Blechen - Waldschlucht mit Rotwild (vor 1828)
Es war real schlecht zu erkennen, was in dem dunkleren Teil wirklich abgebildet ist (Quelle, Rotwild, umgestürzte Bäume, Symbole von Hoffnung und Gefahr), aber das Hauptaugenmerk zieht sowieso die sandige, goldgelbe Steilwand vorne links auf sich. Die folgende Nahaufnahme zeigt, wie er diesen Effekt erreicht hat.

Carl Blechen - Waldschlucht mit Rotwild (vor 1828) - Detail

Diesen Aufbau mit dem kleinen Stück Himmel verwendete er auch in einem anderen Bild der Landesgalerie, dessen Motiv er mehrfach wiederholt hat. Die Badenden Mädchen im Park von Terni.

Carl Blechen - Badende Mädchen im Park von Trevi - Wikipedia

Carl Hasenpflug (1802 - 1858)

Es herrscht Ruhe. Das Kloster ist zerfallen. Die Natur hat ihre Arme ausgebreitet und ihr weißes Kleid über das Bauwerk gelegt. Von den Menschen ist nur noch eine ferne Erinnerung geblieben.
Wenn man in einem Museum ein Gemälde mit solch einer schneebedeckten Ruine sieht, kann man fast sicher sein, hier ein Bild der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, aus dem Umkreis von Carl Friedrich Lessing vor sich zu haben. Der Großmeister selber hat es öfter gemalt. Aber noch mehr verbindet man dieses Thema mit seinem von ihm beeinflussten Freund Carl Hasenpflug, zu dessen Steckenpferd es ab Mitte der 30er Jahre wurde.

Carl Hasenpflug - Kloster Walkenried (1850)

Carl Hasenpflug - Kloster Walkenried (1850) - Detail


Wilhelm Brücke (1800 - 1874)

Berlin. Neue Wache. 40er Jahre. Klar, das ist Eduard Gaertner, der Großmeister der deutschen Architekturmalerei der Biedermeierzeit. Wie, doch nicht? Kann das sein? Ja, denn der Maler Wilhelm Brücke suchte sein Glück in der gleichen Nische wie sein berühmterer Kollege. Das dynamische, aufblühende, sich in eine Weltstadt verwandelnde Berlin zu dokumentieren. Die Stadt befindet sich in dieser Zeit im Übergang zur bedeutenden Metropole. Das alte Berlin verschwindet und Gebäude, wie die Neue Wache, sprießen aus der Erde.

Wilhelm Brücke - Neue Brücke (1842)

Noch ist es überschaubar, man kennt sich. Dieses Beschauliche wird jedoch in den nächsten Jahren, auf dem Weg zur Millionenstadt, der Anonymität Platz machen. Dank der Malerei können wir aber noch einen halbwegs authentischen Blick zurück in die gute alte Zeit werfen.

Wilhelm Brücke - Neue Brücke (1842) - Detail


Wilhelm Ahlborn (1796 - 1857)

Kleinigkeiten können manchmal ein ganzes Leben verändern. Der aus Hannover stammende Maler Ahlborn wohnte schon sieben Jahre in Berlin, ehe ein Ereignis sein Leben völlig umkrempelte. Er gewann im Jahre 1826 mit dem Gemälde Blick auf das Neue Palais in Potsdam den Akademiepreis, verkaufte sein Werk an König Friedrich Wilhelm III und erfüllte mit diesem finanziellen Polster seinen Wunsch, den damals fast alle deutschen Künstler teilten. Eine Reise ins gelobte Land der Kunst, Italien. Doch es wurde mehr als eine Studienfahrt, denn er blieb bis zu seinem Lebensende dort.

Wilhelm Ahlborn - Blick auf das Neue Palais in Potsdam (1826)
Das Sieger-Gemälde mit dem Blick auf das Neue Palais zeugt von seinen großen Fähigkeiten als Landschaftsmaler mit Liebe fürs Detail. Die gelungene Perspektive und die feinen Farbübergänge im Himmel sind sehr gut gelungen. Die Darstellung erinnert an eine italienische Villa mit Belvedere und nicht an das Potsdamer Land. Das hat seinen Grund, denn es ist keine trocken naturalistische Wiedergabe, sondern, wie es für Zeit der ersten Jahrhunderthälfte noch üblich war, ein komponiertes Bild.
Die schon in diesem Werk sichtbare Fähigkeit Ahlborns, das Licht zu handhaben, verfeinerte er weiter in Italien und hielt wunderbar die Atmosphäre eines schönen Morgen in Syrakus in dem anderen hier abgebildeten Gemälde fest.

Wilhelm Ahlborn - Syrakus bei Morgenbeleuchtung (1836)

Hier zeigt sich aber auch seine große Schwäche, die er mit vielen Landschafts- und Architekturmalern teilt, siehe zum Beispiel den vorherigen Maler Wilhelm Brücke. Die Staffage-Figuren bereiten oft Probleme und sind wenig überzeugend und manchmal etwas leblos gemalt.

Wilhelm Ahlborn - Syrakus bei Morgenbeleuchtung (1836) - Detail


Carlo Grubacs (1801 - 1870)

Die beiden gerade vorgestellten Gemälde Ahlborns ziehen schon aufgrund ihrer größeren Ausmaße die Blicke auf sich. Das Gemälde des Markusplatz, von dem mir bisher unbekannten Vedutenmaler Carlo Grubacs, fällt im Gegensatz dazu wegen seines kleinen Formats auf. Normalerweise gehen solche Bilder unter, es sei denn, die Kuratoren betonen diese durch geschicktes Aufhängen, wie im Falle des Tageszeitenzyklus von Caspar David Friedrich. Das Miniaturbild Grubacs lockt die Betrachter durch sein helles Kolorit und dem Staunen, wie er so viel auf dem winzigen Format hat unterbringen können.

Carlo Grubacs - San Marco in Venedig (um 1840-50)

Friedrich Nerly (1807 - 1878)

Der Mondschein ist ein beliebtes Motiv der Romantiker. Der grelle Alltag wird ausgeblendet, die Hektik lässt nach und die Gedanken kommen zur Ruhe. Was mag wohl der an der Markus-Säule in Venedig Ruhende gerade träumen? 

Friedrich Nerly - Die Markussäule in Venedig beim Mondschein (1837 - 38)

Wir wissen es nicht. Gewiss ist nur, dass diese Darstellung von Friedrich Nerly sehr beliebt war. Er hat laut Informationstafel wahrscheinlich sieben Versionen davon gemalt. 
Eine von diesen ist 2007 bei Christie's versteigert worden. Aber überraschenderweise nicht als Werk Nerlys, sondern es soll aus dem Umkreis des eben vorgestellten Carlo Grubacs stammen. Das ist natürlich falsch. Es wird von Nerly sein. Der Einstiegspreis war relativ niedrig, weil der Maler unbekannt war. Erzielt wurde dann aber fast das 10fache des Schätzpreises. Ob der Käufer den Maler, im Gegensatz zu Christie's, schon kannte? Oder wollte er einfach ein schönes Bild sein eigen nennen, welches auch unabhängig vom Namen des Künstlers seinen Wert hat. Dies ist bei moderner Malerei meist nicht der Fall, aber das ist ein anderes Thema.

Wie ähnlich sich die Varianten sind, zeigt die gif-Datei mit dem überlagerten Hannover- und Auktionsbild.

Friedrich Nerly - Die Markussäule in Venedig beim Mondschein - Animation

Christian Friedrich Gille (1805 - 1899)

Ein weiteres schönes Landschaftsbild ist der Blick auf die Brühlsche Terrasse in Dresden des Christian Friedrich Gille. Der teilweise durch die Wolken verdeckte Mondschein, welcher Teile der Wasseroberfläche hell erleuchtet, ist ein gern wiederholtes Thema seines Lehrmeisters Johan Christian Claussen Dahl und mir. Wenn ich im Urlaub solch eine Szene erspähe, in der bei bedecktem Himmel sich nur einzelne Sonnenstrahlen den Weg bis zum Meer bahnen, dann ist mein Finger sofort am Auslöser der Kamera.

Christian Friedrich Gille - Die Brühlsche Terrasse in Dresden (1862)

In das Zentrum der Darstellung setzte Gille die mächtig qualmenden Schaufelraddampfer, welche noch heute ihre Bahnen durch die Elbe ziehen. Zur damaligen Zeit waren sie ein Symbol für den technischen Fortschritt, heute sind die neun historischen Dampfer Touristenattraktionen, die uns für ein paar Stunden zurück ins vorletzte Jahrhundert versetzen.

Waldmüller ist der bedeutendste österreichische Maler der Biedermeierzeit. Im Laufe der Jahre habe ich schon einige Werke von ihm gesehen, aber ein schlechtes war nie dabei. Dafür war er handwerklich zu begabt und sein Gefühl für Farbe und Licht ist bis ins hohe Alter ungebrochen. Im Landesmuseum sind zwei Gemälde ausgestellt, welche typisch für ihn sind. Eine Genreszene und ein Porträt.

Die Genreszene zeigt eine gläubige, kinderreiche Familie beim Abendgebet.

Ferdinand Georg Waldmüller - Abendgebet
Dank und Fürbitten senden sie an den mit Madonna und Sohn verzierten Hausaltar, in der Hoffnung, dass der Herr ihnen auch am nächsten Tage helfend zur Seite steht.

Ferdinand Georg Waldmüller - Abendgebet - Detail

Der Raum wird durch die geschickt verdeckte Kerze erleuchtet, so dass es scheint, also ob die Gläubigen vom göttlichen Glanz erstrahlt werden.

Ferdinand Georg Waldmüller - Abendgebet - Detail

Waldmüllers hat alle Arten von Porträts gemalt, die meisten jedoch in Dreiviertelansicht oder Ganzporträt, so wie in dem schönen Bild des Barons Moser, der lässig und entspannt auf einer Steinbank sitzt. Im Hintergrund ist sein Land zu sehen, ihm geht es gut.

Ferdinand Georg Waldmüller - Bildnis Baron Moser (um 1833/35)

Der Meister hat jedes Element des Bildes mit viel Liebe zum Detail gemalt. Nur das Gesicht ausführlich zu malen und den Rest anzudeuten, wie es später auch bei den akademischen Malern Mode wurde, wäre ihm nie in den Sinn gekommen. Das Porträt war erst vollendet, wenn jeder Teil des Bildes seine volle Aufmerksamkeit genossen hat. Alles andere hätte er, wie Adolph Menzel, als Faulheit betrachtet.

Ferdinand Georg Waldmüller - Bildnis Baron Moser (um 1833/35)
 - Detail

Johann Baptist Reiter (1813 - 1890)

Die österreichische Malerei hat in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Reihe von Künstlern hervorgebracht, die keinen Vergleich mit den technisch versierten Salonmalern Frankreichs scheuen brauchten. Leopold Carl Müller, Hans MakartLudwig Deutsch oder Eugene de Blaas fallen mir spontan ein. Der mit einem kleinen Porträt in der Landesgalerie vertretene Johann Baptist Reiter zählt mit seinen besten Werken ebenfalls dazu. Von Reiter gibt es jedoch auch viele fast amateurhaft wirkende Bilder, ungewöhnlich für jemanden mit solchen Fähigkeiten. Das Bildnis der Landesgalerie ist aber über jeden Zweifel erhaben.

Johann Baptist Reiter - Mädchen am Frühstückstisch (1846)

Das lächelnde Mädchen unterbricht ihr Frühstück und betrachtet uns mit strahlenden Augen. Sie scheint aus dem Bild heraus zu reichen, so geschickt hat Reiter sie auf der Leinwand verewigt. Die Kleine saß ihm mindestens noch für ein anderes Bildnis Modell, welches hier zu finden ist.

Johann Baptist Reiter - Mädchen am Frühstückstisch (1846) - Detail

Theodor Alt (1846 - 1937)

Das Mädchen ist vor Erschöpfung eingeschlafen. Die Bäckchen glühen. Noch hält sie das Seil ihres Puppenwagens fest, aber hat keine Kraft mehr, wach zu bleiben. Gleich werden ihre Eltern ins Zimmer kommen, sie in ihr durchwühltes Bettchen legen und die Kleine wird den Schlaf der Gerechten schlafen.

Theodor Alt - Siebenschläfer (1871)

Wie ist deine Reaktion zu diesem Bild? Die meisten professionellen Kunstkritiker würde solch ein Motiv zur Weißglut bringen. Sie würden mit Begriffen wie süßlich, belanglos, kitschig oder oberflächlich um sich werfen und ein paar Seiten weiter dann ihren abstrakten, expressionistischen Müll feiern. Uns interessiert das zum Glück nicht die Bohne. Das Gemälde ist schön gemalt, die Farbgebung angenehm zurückhaltend und kleine menschliche Geschichten sind immer ein Bild wert. Danke Herr Alt.

Theodor Alt - Siebenschläfer (1871) - Detail


Anselm Feuerbach (1829 - 1880)

Anselm Feuerbach würde sich im Grab umdrehen, wenn er sehen könnte, dass die Kuratoren der Landesgalerie sein Selbstporträt und das Bildnis der Anna Risi eng vereint platziert haben. 
Seine geliebte Muse hatte den eifersüchtigen Gockel wegen eines Engländers verlassen. Diese Abweisung hat er nie überwunden. Dass er jetzt auf Ewig mit ihr in Hannover verbunden ist, kann er nicht mehr ändern. Aber eine kleine Genugtuung hat er doch, da er seinen Blick von der früheren Geliebten abwenden darf.

Anselm Feuerbach - Nanna (1864) und Selbstbildnis (1878)

Carl Theodor von Piloty (1826 - 1886)

Piloty war einer der großen Lehrer seiner Jahrhunderts. Er hatte eine zahlreiche Schülerschar und immer wieder wurde gelobt, dass er seine Zöglinge nicht in eine bestimmte Richtung lenkte, sondern sie sich frei entfalten ließ. Einzig die handwerkliche Basis war notwendige Grundlage. 
Pilotys Historienmalerei ist bekannt für den feinen Spagat zwischen realistischer Darstellung und kompositorischen Freiheiten. Er schildert meist nicht den Augenblick des geschichtlichen Höhepunkts selber, sondern die Augenblicke davor oder danach. 

Carl Theodor von Piloty - Cäsars Ermordung (1865/67)

Sein großes Gemälde der Ermordung Cäsars zeigt uns die Szene kurz vor Erdolchung durch die Senatoren. Die Stimmung ist auf dem Siedepunkt, manche Zweifeln, aber es gibt kein zurück. Bald wird der erste Stoß den römischen Kaiser treffen, der noch durch das einheitliche weiße Gewand mit seinen Senatsbrüdern verbunden ist. Doch das einende Band ist dünn und jetzt schon teilweise durch den blutroten Umhang verdeckt, der prophetisch auf das tödliche Ende hinweist. 

Carl Theodor von Piloty - Cäsars Ermordung (1865/67) - Detail

Etwas theatralisch, aber klar zu deuten, hat er die verschiedenen Charaktere gemalt. Jede Figur hat ihre eigene Seelenregung, die, wie es in der Historienmalerei üblich war, sorgfältig anhand von Einzelstudien vorbereitet wurde.
Das Bild muss teilweise zerstört gewesen sein, wie man auf der nachfolgenden Detailabbildung gut erkennen kann. 

Carl Theodor von Piloty - Cäsars Ermordung (1865/67) - Detail

Carl Theodor von Piloty - Cäsars Ermordung (1865/67) - Detail

Alois Erdtelt (1851 - 1911)

Eines der schönsten Bilder der gesamten Sammlung ist das Bildnis der beiden innig verbundenen Waisen von Alois Erdtelt.

Alois Erdtelt - Die Waisen (1889 / 1900)
Dieser großartige Porträtmaler ist heutzutage völlig unbekannt. Man findet so gut wie keine Informationen zu ihm online. Es gibt noch nicht mal eine Wikipedia-Seite.
Geboren 1851 in Herzogswalde (Schlesien), gestorben 1911 in München. Er studierte zuerst bei Carl Steffeck an der Kunstakademie in Berlin und dann von 1874-79 bei Wilhelm von Diez an der Akademie der Bildenden Künste in München. An anderer Stelle wird behautet, er lebt seit 1876 in München. Befreundet war er unter anderem mit Lovis Corinth, den er, nach Angabe Corinths, etwa um 1882 porträtierte. Erdtelt war in München Professor an der Akademie und unterrichtete unter anderem die Malerin Maria Slavona. 1904 wurde er mit der Goldmedaille auf der Weltausstellung Paris ausgezeichnet und 1909 erzielte er den gleichen Erfolg auf der Internationalen Ausstellung in München. Mehr gibt das Internet nicht her. Aber auch wenn der Maler völlig unbekannt wäre, hätte das Bild in Hannover Museumsqualität. Denn Kunst kommt von Können.

Alois Erdtelt - Die Waisen (1889 / 1900) - Detail

Waisen werden in der bildenden Kunst oft in ihrer aussichtslosen Lage gezeigt. Die Eltern sind gestorben und sie stehen ganz alleine da. Als Beispiel siehe das Bild von Kasatkin hier. Erdtelt hat dieses traurige Thema lebensbejahender gestaltet. Die Kinder haben trotz des bitteren Schicksals ihre Hoffnung nicht verloren. Die Kleine findet in den Armen ihrer großen Schwester Schutz und Geborgenheit. Dies hat der Maler durch seine Lichtregie besonders betont. Wollen wir hoffen, dass die Zukunft rosig für die beiden Mädchen aussehen wird.

Alois Erdtelt - Die Waisen (1889 / 1900) - Detail
Alois Erdtelt - Die Waisen (1889 / 1900) - Detail


Montag, 9. März 2015

Kunsthalle Karlsruhe Teil 3 (Ende)

Es fehlen noch vier Schwergewichte, welche einen Teil ihres Lebens in Karlsruhe verbracht haben. Diese werden im Folgenden vorgestellt.

Carl Friedrich Lessing (1808 - 1880)

Der Preuße Lessing übernahm 1858 den Direktorenposten der Kunsthalle und blieb in Karlsruhe bis zu seinem Lebensende. Nach dem Tod Schirmers übernahm er für eine Übergangszeit zusätzlich die künstlerische Leitung der Akademie.

Es waren nicht immer einfache Jahre für Lessing, denn die politischen Spannungen führten zu manch kritischer Situation. Zugespitzt bestimmt in den Monaten des Deutschen Krieges, bei dem Baden, verbündet mit Österreich, Preußen nicht gerade wohlgesinnt war. Ein Zeitungsartikel enthielt die offene Drohung, dass Lessing, je nach Verlauf des Konflikts, Unannehmlichkeiten zu erwarten habe.
..., und Direktor C.F. Lessing lud alle seine Freunde ein, wenn es zum schlimmsten komme, sich mit ihm in seiner Amtswohnung zu verbarrikadieren, wo er Schießzeug und Munition in Hülle und Fülle habe... (Zitat Anton von Werner)
Aufgrund der schnellen Beendigung des Krieges eskalierte die Situation jedoch nicht.

Das in der Kunsthalle ausgestellte romantische Bild der Kreuzfahrer aus dem Jahre 1863 wurde frisch von der Staffelei der großherzoglichen Sammlung einverleibt. Nach langer, beschwerlicher Reise erreichten die Kreuzfahrer den heiß ersehnten Fluss, um ihren brennenden Durst zu stillen.

Carl Friedrich Lessing - Die Kreuzfahrer in der Wüste (1863)
Typisch für Lessing wird hier nicht idealistisch der Höhepunkt einer Kreuzfahrt, wie z.B. der Einzug in die eroberte Stadt, dargestellt, sondern der Blick auf eine weniger spektakuläre, menschliche Randszene gelenkt. Diese soll eine realistischere Vorstellung von solch einer Kreuzfahrt liefern. Realistisch in dem Sinne, dass es in dieser Art hätte passiert sein können. Komponiert ist es natürlich weiterhin bis ins letzte Detail.

Carl Friedrich Lessing - Die Kreuzfahrer in der Wüste (1863) - Details

Das andere große Historienbild Lessings in der Kunsthalle sorgte bei seinen Konkurrenten für großes Wehklagen und Missgunst. Es wurde für einen so hohen Betrag (der jedoch dem damaligen Marktwert seiner Bilder entsprach) angekauft, dass das Budget der Ankaufskommission für Jahre verbraucht war. Uns ist dies nur recht, denn so können wir uns an dem Disput zwischen Martin Luther zur Linken und Johannes Eck zur Rechten erfreuen.
Carl Friedrich Lessing - Disputation zwischen Luther und Eck auf der Pleißenburg zu Leipzig im Jahre 1519 (1867)
Carl Friedrich Lessing - Disputation zwischen Luther und Eck auf der Pleißenburg zu Leipzig im Jahre 1519 (1867) - Detail

Anton von Werner (1843 - 1915)

Anton von Werner kam aufgrund der Empfehlung von Professor Adolph Schroedter für vier Jahre (1862 - 1866) nach Karlsruhe 

Künstlerisch schätzte von Werner diese Jahre wenig. Er lernte mehr über die Malerei aus den Gesprächen mit Lessing als aus dem Unterricht an der Akademie. Privat jedoch war die Zeit ein voller Erfolg. Das kleine, übersichtliche Karlsruhe kam seinem Naturell sehr entgegen. Es war eine familiäre Atmosphäre, in der viel diskutiert, musiziert, aufgeführt und politisiert wurde. Mit Scheffel gewann er einen lebenslangen Freund, dessen Werke von Werner vielfach illustrierte. Und seine zukünftige Frau, die Tochter Schroedters, lernte er ebenfalls hier in Karlsruhe kennen.

Das in der Kunsthalle ausgestellte Werk Konradin von Hohenstaufen und Friedrich von Baden, das Todesurteil hörend war das erste große Historienbild von Werners und wurde auf der Weltausstellung in Paris akzeptiert. Ein Erfolg für den damals noch völlig unbekannten Maler.
Hinweis: Die Farbgebung ist auf den Details unten realistischer als auf dem Gesamtbild oben.

Anton von Werner - Konradin von Hohenstaufen und Friedrich von Baden wird 1268 zu Neapel im Kerker durch Robert von Bari auf Behehl Karls von Anjou das Todesurteil verkündet (1866)
Anton von Werner - Konradin von Hohenstaufen und Friedrich von Baden wird 1268 zu Neapel im Kerker durch Robert von Bari auf Behehl Karls von Anjou das Todesurteil verkündet (1866) - Details

Anselm Feuerbach (1829 - 1880)

Feuerbach ist Spross einer weitverzweigten Gelehrtenfamilie. Bekanntester Verwandte ist sein Onkel Ludwig. Das Feuerbach trotz dieser feinen Herkunft in seinen Äußerungen oft weniger taktvoll war, habe ich vor Jahren einmal hier beschrieben. In einer für den Sonderling typischen Mischung aus Selbstmitleid, Arroganz und Holzhammer bekommt natürlich auch Karlsruhe sein Fett weg:
  • Schirmer war eine Jammerseele, 
  • die Stadt ein Dorf, 
  • die Leute borniert, 
  • die Zeit in Karlsruhe insgesamt verschwendet.
Die Verantwortlichen des Museums haben ihm dies aber nicht übel genommen, denn in der Kunsthalle sind immer noch einige Werke Feuerbachs ausgestellt. Das ambitionierteste Projekt seiner Laufbahn war das Gastmahl des Plato oder auch Symposion genannt. Er hat es in zwei Versionen umgesetzt, die erste Fassung ist hier abgebildet, die zweite Version befindet sich in der Nationalgalerie, siehe zum Beispiel hier. Das 6 Meter breite Gemälde nimmt fast den ganzen Raum ein. Zum Zeitpunkt meines Besuchs war der Platz vor dem Bild mit Stuhlreihen belegt, bestimmt ein schöner Rahmen für einen Vortrag in wunderbarer Umgebung.

Anselm Feuerbach - Das Gastmahl des Plato (1869)

Rechts sind Philosophen (unter anderem Sokrates) dargestellt, welche über Eros sinnieren und debattieren. Links erscheint ein bacchantischer Zug (Alkibiades), der die gelebte Sinnesfreuden repräsentiert. Die Person in der Mitte des Bildes (Agathon), ist Vermittler zwischen diesen beiden Sphären.

Anselm Feuerbach - Das Gastmahl des Plato (1869) - Details

In dem Feuerbachraum ist neben diesem Großgemälde unter anderem ein Selbstporträt des Malers ausgestellt. Es zeigt ihn als nachdenklichen Dandy, der, wie für Feuerbachs Porträts charakteristisch, seinen Blick in unbekannte Ferne richtet. Zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissend, dass er nur noch zwei Jahre zu leben hat.

Anselm Feuerbach - Selbstbildnis (1878)

Einen Überblick zu bieten über Feuerbach wäre ohne ein Bild seiner geliebten Nana unvollständig. Er hat diese römische Schönheit in vielen Bildern festgehalten und konnte auch den Großherzog Friedrich I von ihrer Aura überzeugen. Denn dieser erwarb das Bild 1861 direkt vom Künstler zur Verschönerung von Schloss Mainau.

Anselm Feuerbach - Nanna Risi (1861)

Ferdinand Keller (1842 - 1922)

Enden möchte ich mit einem der treusten Söhne Karlsruhes. Ferdinand Keller. Der Maler war über 40 Jahre Professor an der Kunstakademie, der er 33 Jahre als Direktor vorstand. Angebote anderer Städte hatte er genug, aber seiner geliebten Heimat blieb er bis zu seinem Ruhestand treu. Als Dank wurde manches seiner Gemälde für die Sammlung erworben. So auch den Türkenlouis zur Verherrlichung der badischen Geschichte. Die Ankaufskommission, der auch Lessing angehörte, verwendete für den Kauf ihre gesamten Mittel des Jahres 1878/79. Dies verursachte aber diesmal keinen Aufschrei, wie es noch vor Jahren bei Lessings Luther-Bild der Fall war.

Ferdinand Keller - Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden, der Türkenlouis, reitet nach der Schlacht bei Salankamen am 19.8.1691 in das Zelt des sterbenden Mustafa Köprili (1879)

Die Schlacht ist barock-überladend gemalt, der Kampf tobt, die Leiber sind verschmolzen. Man kann in der Hektik nur schwerlich die einzelnen Szenen abgrenzen. Auf dem Höhepunkt des Kampfes dringt der Fürst, hoch auf seinem Ross, in das Zelt des sterbenden Feindes ein. Die Türken sind überwältigt, der Sieg ist nah, Baden triumphiert.

Ferdinand Keller - Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden, der Türkenlouis, reitet nach der Schlacht bei Salankamen am 19.8.1691 in das Zelt des sterbenden Mustafa Köprili (1879) - Details

Fazit

Die Kunsthalle in Karlsruhe ist ein tolles Museum. Ich hoffe, mein Bericht macht etwas Appetit auf mehr, denn der Anblick der Originale ist durch keine Abbildung zu ersetzen.