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Samstag, 18. Februar 2017

Landesgalerie Hannover Teil 2

19. und Anfang 20. Jahrhundert

Landesgalerie Hannover
Vor kurzem las ich ein Buch über die Malerdynastie der Kaulbachs. Da Friedrich als Hofmaler und Professor der wohl bedeutendste Hannoversche Maler des 19. Jahrhunderts war, hoffte ich natürlich, einiges von ihm in der Landesgalerie zu sehen, wurde aber enttäuscht. Er ist, wenn ich mich nicht täusche, mit keinem Werk vertreten. Nur von seinem Sohn Friedrich August konnte ich eine Porträtstudie des kleinen Bruders entdecken.

Landesgalerie Hannover

Der Stolz der Landesgalerie ist eindeutig die weit gefächerte Sammlung deutscher Impressionisten und frühen Expressionisten, die ihresgleichen sucht. Meine kritische Haltung diesen Richtungen gegenüber habe ich schon oft erwähnt, deshalb wundert es nicht, dass in meinen Augen die meisten Exponate keines zweiten Blickes wert waren, da ohne die entsprechende Signatur kein Hahn danach krähen würde. Die Stärke dieses Teils der Sammlung liegt in den Bildern des Übergangs, bei denen die akademischen Wurzeln noch nicht verleugnet werden und man die fehlende Vollendung nicht wirklich vermisst. Bei diesen Werken hat man keine langweiligen Schnellschüsse vor sich, sondern kann noch gut die in das Werk eingeflossenen Gedankenarbeit und Mühe in der Umsetzung erkennen.

Auf der Webseite wird mit wichtigen Werken der französischen Impressionisten geworben. Das ist ein reiner Marketing-Kniff und hat nichts mit der Realität zu tun. Ich habe schon einige Werke der bekannten Franzosen gesehen, aber in der Sammlung der Landesgalerie ist mit Sicherheit kein Bedeutendes ausgestellt, sondern Füllwerk. In einer anderen Hinsicht hätte man jedoch ruhig dicker auftragen können, da eine sehr schöne Kollektion dänischer Künstler präsentiert wird.

Doch der Reihe nach, es gibt genug Schönes für jeden Geschmack in Hannover zu sehen. Beginnen wir bei den Meistern der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und schreiten dann fort.

Caspar David Friedrich (1774 - 1840)

Friedrich ist neben Dürer der bekannteste deutsche Maler aller Zeiten. Er war nicht der größte Techniker, aber seine Werke haben eine faszinierende Ausstrahlung. Gefühle wie Sehnsucht, Einsamkeit, Weite, Unbedeutendheit oder Ruhe kann kaum ein Zweiter so gut visualisieren wie er. Die einzig vollständige erhaltene Serie eines Tageszeitenzyklus des Greifswalder Künstlers ist in der Landesgalerie ausgestellt. Die Bilder sind klein, deshalb braucht man gute Augen, um Details im Original zu erkennen. Dank der großen Abbildungen hat man diese Probleme im Internet zum Glück nicht.

Caspar David Friedrich - Der Morgen (um 1821)

Caspar David Friedrich - Der Mittag (um 1821) 
Caspar David Friedrich - Der Nachmittag (um 1821) 
Caspar David Friedrich - Der Abend (um 1821) 


Eine ausführliche Beschreibung des Zyklus kann man bei Wikipedia finden, ein paar Detailbilder hier.

Caspar David Friedrich - Der Tageszeitenzyklus (um 1821) - Details

Carl Eduard Ferdinand Blechen (1798 - 1840)

Ein weiterer Liebling der Kritiker ist neben Friedrich der Berliner Maler Carl Blechen. Ein Kompositionsschema, welches er immer wieder gerne verwendete, waren Landschaftsdarstellungen, bei denen die Vegetation oder Schluchten fast das gesamte Bild in Beschlag nehmen. Einzig ein kleines Stück Himmel, meist in Dreiecksform, lässt den Rest der Welt noch erahnen. Beispiele für diese Darstellung findet man zum Beispiel hier oder hier und natürlich auch in Hannover.

Carl Blechen - Waldschlucht mit Rotwild (vor 1828)
Es war real schlecht zu erkennen, was in dem dunkleren Teil wirklich abgebildet ist (Quelle, Rotwild, umgestürzte Bäume, Symbole von Hoffnung und Gefahr), aber das Hauptaugenmerk zieht sowieso die sandige, goldgelbe Steilwand vorne links auf sich. Die folgende Nahaufnahme zeigt, wie er diesen Effekt erreicht hat.

Carl Blechen - Waldschlucht mit Rotwild (vor 1828) - Detail

Diesen Aufbau mit dem kleinen Stück Himmel verwendete er auch in einem anderen Bild der Landesgalerie, dessen Motiv er mehrfach wiederholt hat. Die Badenden Mädchen im Park von Terni.

Carl Blechen - Badende Mädchen im Park von Trevi - Wikipedia

Carl Hasenpflug (1802 - 1858)

Es herrscht Ruhe. Das Kloster ist zerfallen. Die Natur hat ihre Arme ausgebreitet und ihr weißes Kleid über das Bauwerk gelegt. Von den Menschen ist nur noch eine ferne Erinnerung geblieben.
Wenn man in einem Museum ein Gemälde mit solch einer schneebedeckten Ruine sieht, kann man fast sicher sein, hier ein Bild der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, aus dem Umkreis von Carl Friedrich Lessing vor sich zu haben. Der Großmeister selber hat es öfter gemalt. Aber noch mehr verbindet man dieses Thema mit seinem von ihm beeinflussten Freund Carl Hasenpflug, zu dessen Steckenpferd es ab Mitte der 30er Jahre wurde.

Carl Hasenpflug - Kloster Walkenried (1850)

Carl Hasenpflug - Kloster Walkenried (1850) - Detail


Wilhelm Brücke (1800 - 1874)

Berlin. Neue Wache. 40er Jahre. Klar, das ist Eduard Gaertner, der Großmeister der deutschen Architekturmalerei der Biedermeierzeit. Wie, doch nicht? Kann das sein? Ja, denn der Maler Wilhelm Brücke suchte sein Glück in der gleichen Nische wie sein berühmterer Kollege. Das dynamische, aufblühende, sich in eine Weltstadt verwandelnde Berlin zu dokumentieren. Die Stadt befindet sich in dieser Zeit im Übergang zur bedeutenden Metropole. Das alte Berlin verschwindet und Gebäude, wie die Neue Wache, sprießen aus der Erde.

Wilhelm Brücke - Neue Brücke (1842)

Noch ist es überschaubar, man kennt sich. Dieses Beschauliche wird jedoch in den nächsten Jahren, auf dem Weg zur Millionenstadt, der Anonymität Platz machen. Dank der Malerei können wir aber noch einen halbwegs authentischen Blick zurück in die gute alte Zeit werfen.

Wilhelm Brücke - Neue Brücke (1842) - Detail


Wilhelm Ahlborn (1796 - 1857)

Kleinigkeiten können manchmal ein ganzes Leben verändern. Der aus Hannover stammende Maler Ahlborn wohnte schon sieben Jahre in Berlin, ehe ein Ereignis sein Leben völlig umkrempelte. Er gewann im Jahre 1826 mit dem Gemälde Blick auf das Neue Palais in Potsdam den Akademiepreis, verkaufte sein Werk an König Friedrich Wilhelm III und erfüllte mit diesem finanziellen Polster seinen Wunsch, den damals fast alle deutschen Künstler teilten. Eine Reise ins gelobte Land der Kunst, Italien. Doch es wurde mehr als eine Studienfahrt, denn er blieb bis zu seinem Lebensende dort.

Wilhelm Ahlborn - Blick auf das Neue Palais in Potsdam (1826)
Das Sieger-Gemälde mit dem Blick auf das Neue Palais zeugt von seinen großen Fähigkeiten als Landschaftsmaler mit Liebe fürs Detail. Die gelungene Perspektive und die feinen Farbübergänge im Himmel sind sehr gut gelungen. Die Darstellung erinnert an eine italienische Villa mit Belvedere und nicht an das Potsdamer Land. Das hat seinen Grund, denn es ist keine trocken naturalistische Wiedergabe, sondern, wie es für Zeit der ersten Jahrhunderthälfte noch üblich war, ein komponiertes Bild.
Die schon in diesem Werk sichtbare Fähigkeit Ahlborns, das Licht zu handhaben, verfeinerte er weiter in Italien und hielt wunderbar die Atmosphäre eines schönen Morgen in Syrakus in dem anderen hier abgebildeten Gemälde fest.

Wilhelm Ahlborn - Syrakus bei Morgenbeleuchtung (1836)

Hier zeigt sich aber auch seine große Schwäche, die er mit vielen Landschafts- und Architekturmalern teilt, siehe zum Beispiel den vorherigen Maler Wilhelm Brücke. Die Staffage-Figuren bereiten oft Probleme und sind wenig überzeugend und manchmal etwas leblos gemalt.

Wilhelm Ahlborn - Syrakus bei Morgenbeleuchtung (1836) - Detail


Carlo Grubacs (1801 - 1870)

Die beiden gerade vorgestellten Gemälde Ahlborns ziehen schon aufgrund ihrer größeren Ausmaße die Blicke auf sich. Das Gemälde des Markusplatz, von dem mir bisher unbekannten Vedutenmaler Carlo Grubacs, fällt im Gegensatz dazu wegen seines kleinen Formats auf. Normalerweise gehen solche Bilder unter, es sei denn, die Kuratoren betonen diese durch geschicktes Aufhängen, wie im Falle des Tageszeitenzyklus von Caspar David Friedrich. Das Miniaturbild Grubacs lockt die Betrachter durch sein helles Kolorit und dem Staunen, wie er so viel auf dem winzigen Format hat unterbringen können.

Carlo Grubacs - San Marco in Venedig (um 1840-50)

Friedrich Nerly (1807 - 1878)

Der Mondschein ist ein beliebtes Motiv der Romantiker. Der grelle Alltag wird ausgeblendet, die Hektik lässt nach und die Gedanken kommen zur Ruhe. Was mag wohl der an der Markus-Säule in Venedig Ruhende gerade träumen? 

Friedrich Nerly - Die Markussäule in Venedig beim Mondschein (1837 - 38)

Wir wissen es nicht. Gewiss ist nur, dass diese Darstellung von Friedrich Nerly sehr beliebt war. Er hat laut Informationstafel wahrscheinlich sieben Versionen davon gemalt. 
Eine von diesen ist 2007 bei Christie's versteigert worden. Aber überraschenderweise nicht als Werk Nerlys, sondern es soll aus dem Umkreis des eben vorgestellten Carlo Grubacs stammen. Das ist natürlich falsch. Es wird von Nerly sein. Der Einstiegspreis war relativ niedrig, weil der Maler unbekannt war. Erzielt wurde dann aber fast das 10fache des Schätzpreises. Ob der Käufer den Maler, im Gegensatz zu Christie's, schon kannte? Oder wollte er einfach ein schönes Bild sein eigen nennen, welches auch unabhängig vom Namen des Künstlers seinen Wert hat. Dies ist bei moderner Malerei meist nicht der Fall, aber das ist ein anderes Thema.

Wie ähnlich sich die Varianten sind, zeigt die gif-Datei mit dem überlagerten Hannover- und Auktionsbild.

Friedrich Nerly - Die Markussäule in Venedig beim Mondschein - Animation

Christian Friedrich Gille (1805 - 1899)

Ein weiteres schönes Landschaftsbild ist der Blick auf die Brühlsche Terrasse in Dresden des Christian Friedrich Gille. Der teilweise durch die Wolken verdeckte Mondschein, welcher Teile der Wasseroberfläche hell erleuchtet, ist ein gern wiederholtes Thema seines Lehrmeisters Johan Christian Claussen Dahl und mir. Wenn ich im Urlaub solch eine Szene erspähe, in der bei bedecktem Himmel sich nur einzelne Sonnenstrahlen den Weg bis zum Meer bahnen, dann ist mein Finger sofort am Auslöser der Kamera.

Christian Friedrich Gille - Die Brühlsche Terrasse in Dresden (1862)

In das Zentrum der Darstellung setzte Gille die mächtig qualmenden Schaufelraddampfer, welche noch heute ihre Bahnen durch die Elbe ziehen. Zur damaligen Zeit waren sie ein Symbol für den technischen Fortschritt, heute sind die neun historischen Dampfer Touristenattraktionen, die uns für ein paar Stunden zurück ins vorletzte Jahrhundert versetzen.

Waldmüller ist der bedeutendste österreichische Maler der Biedermeierzeit. Im Laufe der Jahre habe ich schon einige Werke von ihm gesehen, aber ein schlechtes war nie dabei. Dafür war er handwerklich zu begabt und sein Gefühl für Farbe und Licht ist bis ins hohe Alter ungebrochen. Im Landesmuseum sind zwei Gemälde ausgestellt, welche typisch für ihn sind. Eine Genreszene und ein Porträt.

Die Genreszene zeigt eine gläubige, kinderreiche Familie beim Abendgebet.

Ferdinand Georg Waldmüller - Abendgebet
Dank und Fürbitten senden sie an den mit Madonna und Sohn verzierten Hausaltar, in der Hoffnung, dass der Herr ihnen auch am nächsten Tage helfend zur Seite steht.

Ferdinand Georg Waldmüller - Abendgebet - Detail

Der Raum wird durch die geschickt verdeckte Kerze erleuchtet, so dass es scheint, also ob die Gläubigen vom göttlichen Glanz erstrahlt werden.

Ferdinand Georg Waldmüller - Abendgebet - Detail

Waldmüllers hat alle Arten von Porträts gemalt, die meisten jedoch in Dreiviertelansicht oder Ganzporträt, so wie in dem schönen Bild des Barons Moser, der lässig und entspannt auf einer Steinbank sitzt. Im Hintergrund ist sein Land zu sehen, ihm geht es gut.

Ferdinand Georg Waldmüller - Bildnis Baron Moser (um 1833/35)

Der Meister hat jedes Element des Bildes mit viel Liebe zum Detail gemalt. Nur das Gesicht ausführlich zu malen und den Rest anzudeuten, wie es später auch bei den akademischen Malern Mode wurde, wäre ihm nie in den Sinn gekommen. Das Porträt war erst vollendet, wenn jeder Teil des Bildes seine volle Aufmerksamkeit genossen hat. Alles andere hätte er, wie Adolph Menzel, als Faulheit betrachtet.

Ferdinand Georg Waldmüller - Bildnis Baron Moser (um 1833/35)
 - Detail

Johann Baptist Reiter (1813 - 1890)

Die österreichische Malerei hat in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Reihe von Künstlern hervorgebracht, die keinen Vergleich mit den technisch versierten Salonmalern Frankreichs scheuen brauchten. Leopold Carl Müller, Hans MakartLudwig Deutsch oder Eugene de Blaas fallen mir spontan ein. Der mit einem kleinen Porträt in der Landesgalerie vertretene Johann Baptist Reiter zählt mit seinen besten Werken ebenfalls dazu. Von Reiter gibt es jedoch auch viele fast amateurhaft wirkende Bilder, ungewöhnlich für jemanden mit solchen Fähigkeiten. Das Bildnis der Landesgalerie ist aber über jeden Zweifel erhaben.

Johann Baptist Reiter - Mädchen am Frühstückstisch (1846)

Das lächelnde Mädchen unterbricht ihr Frühstück und betrachtet uns mit strahlenden Augen. Sie scheint aus dem Bild heraus zu reichen, so geschickt hat Reiter sie auf der Leinwand verewigt. Die Kleine saß ihm mindestens noch für ein anderes Bildnis Modell, welches hier zu finden ist.

Johann Baptist Reiter - Mädchen am Frühstückstisch (1846) - Detail

Theodor Alt (1846 - 1937)

Das Mädchen ist vor Erschöpfung eingeschlafen. Die Bäckchen glühen. Noch hält sie das Seil ihres Puppenwagens fest, aber hat keine Kraft mehr, wach zu bleiben. Gleich werden ihre Eltern ins Zimmer kommen, sie in ihr durchwühltes Bettchen legen und die Kleine wird den Schlaf der Gerechten schlafen.

Theodor Alt - Siebenschläfer (1871)

Wie ist deine Reaktion zu diesem Bild? Die meisten professionellen Kunstkritiker würde solch ein Motiv zur Weißglut bringen. Sie würden mit Begriffen wie süßlich, belanglos, kitschig oder oberflächlich um sich werfen und ein paar Seiten weiter dann ihren abstrakten, expressionistischen Müll feiern. Uns interessiert das zum Glück nicht die Bohne. Das Gemälde ist schön gemalt, die Farbgebung angenehm zurückhaltend und kleine menschliche Geschichten sind immer ein Bild wert. Danke Herr Alt.

Theodor Alt - Siebenschläfer (1871) - Detail


Anselm Feuerbach (1829 - 1880)

Anselm Feuerbach würde sich im Grab umdrehen, wenn er sehen könnte, dass die Kuratoren der Landesgalerie sein Selbstporträt und das Bildnis der Anna Risi eng vereint platziert haben. 
Seine geliebte Muse hatte den eifersüchtigen Gockel wegen eines Engländers verlassen. Diese Abweisung hat er nie überwunden. Dass er jetzt auf Ewig mit ihr in Hannover verbunden ist, kann er nicht mehr ändern. Aber eine kleine Genugtuung hat er doch, da er seinen Blick von der früheren Geliebten abwenden darf.

Anselm Feuerbach - Nanna (1864) und Selbstbildnis (1878)

Carl Theodor von Piloty (1826 - 1886)

Piloty war einer der großen Lehrer seiner Jahrhunderts. Er hatte eine zahlreiche Schülerschar und immer wieder wurde gelobt, dass er seine Zöglinge nicht in eine bestimmte Richtung lenkte, sondern sie sich frei entfalten ließ. Einzig die handwerkliche Basis war notwendige Grundlage. 
Pilotys Historienmalerei ist bekannt für den feinen Spagat zwischen realistischer Darstellung und kompositorischen Freiheiten. Er schildert meist nicht den Augenblick des geschichtlichen Höhepunkts selber, sondern die Augenblicke davor oder danach. 

Carl Theodor von Piloty - Cäsars Ermordung (1865/67)

Sein großes Gemälde der Ermordung Cäsars zeigt uns die Szene kurz vor Erdolchung durch die Senatoren. Die Stimmung ist auf dem Siedepunkt, manche Zweifeln, aber es gibt kein zurück. Bald wird der erste Stoß den römischen Kaiser treffen, der noch durch das einheitliche weiße Gewand mit seinen Senatsbrüdern verbunden ist. Doch das einende Band ist dünn und jetzt schon teilweise durch den blutroten Umhang verdeckt, der prophetisch auf das tödliche Ende hinweist. 

Carl Theodor von Piloty - Cäsars Ermordung (1865/67) - Detail

Etwas theatralisch, aber klar zu deuten, hat er die verschiedenen Charaktere gemalt. Jede Figur hat ihre eigene Seelenregung, die, wie es in der Historienmalerei üblich war, sorgfältig anhand von Einzelstudien vorbereitet wurde.
Das Bild muss teilweise zerstört gewesen sein, wie man auf der nachfolgenden Detailabbildung gut erkennen kann. 

Carl Theodor von Piloty - Cäsars Ermordung (1865/67) - Detail

Carl Theodor von Piloty - Cäsars Ermordung (1865/67) - Detail

Alois Erdtelt (1851 - 1911)

Eines der schönsten Bilder der gesamten Sammlung ist das Bildnis der beiden innig verbundenen Waisen von Alois Erdtelt.

Alois Erdtelt - Die Waisen (1889 / 1900)
Dieser großartige Porträtmaler ist heutzutage völlig unbekannt. Man findet so gut wie keine Informationen zu ihm online. Es gibt noch nicht mal eine Wikipedia-Seite.
Geboren 1851 in Herzogswalde (Schlesien), gestorben 1911 in München. Er studierte zuerst bei Carl Steffeck an der Kunstakademie in Berlin und dann von 1874-79 bei Wilhelm von Diez an der Akademie der Bildenden Künste in München. An anderer Stelle wird behautet, er lebt seit 1876 in München. Befreundet war er unter anderem mit Lovis Corinth, den er, nach Angabe Corinths, etwa um 1882 porträtierte. Erdtelt war in München Professor an der Akademie und unterrichtete unter anderem die Malerin Maria Slavona. 1904 wurde er mit der Goldmedaille auf der Weltausstellung Paris ausgezeichnet und 1909 erzielte er den gleichen Erfolg auf der Internationalen Ausstellung in München. Mehr gibt das Internet nicht her. Aber auch wenn der Maler völlig unbekannt wäre, hätte das Bild in Hannover Museumsqualität. Denn Kunst kommt von Können.

Alois Erdtelt - Die Waisen (1889 / 1900) - Detail

Waisen werden in der bildenden Kunst oft in ihrer aussichtslosen Lage gezeigt. Die Eltern sind gestorben und sie stehen ganz alleine da. Als Beispiel siehe das Bild von Kasatkin hier. Erdtelt hat dieses traurige Thema lebensbejahender gestaltet. Die Kinder haben trotz des bitteren Schicksals ihre Hoffnung nicht verloren. Die Kleine findet in den Armen ihrer großen Schwester Schutz und Geborgenheit. Dies hat der Maler durch seine Lichtregie besonders betont. Wollen wir hoffen, dass die Zukunft rosig für die beiden Mädchen aussehen wird.

Alois Erdtelt - Die Waisen (1889 / 1900) - Detail
Alois Erdtelt - Die Waisen (1889 / 1900) - Detail


Samstag, 27. Dezember 2014

Hamburger Kunsthalle - Teil 2

Klassische Moderne

Die Räume der Kunsthalle Hamburg sind weitgehend chronologisch geordnet. Deshalb ist es kein Wunder, wenn ich in dem Abschnitt zur klassischen Modernen nicht allzu viel Zeit verbrachte. Ich erwartete nichts und wurde darin bestätigt. Mein Kunstverständnis ist zu weit entfernt von diesen Werken. Das ich dieser Richtung trotzdem einen kleinen Abschnitt widme, ist der Hamburger Künstlerin Anita Rée zu verdanken.

Anita Rée (1885 - 1933):
Das Schicksal der Malerin ist bewegend. Als Frau hatte sie es zur damaligen Zeit extrem schwer, eine professionelle Ausbildung zu erhalten. Als Jüdin wurde sie diffamiert und nach der Machtergreifung Hitlers als entartete Künstlerin ausgestoßen. Kurz darauf beendet sie ihr hoffnungsloses Leben.
Zum Glück kannte ich ihre Geschichte nicht und habe sie erst nachträglich gelesen. Denn für die Beurteilung eines Kunstwerkes sollte das Leben des Malers nur eine nachrangige Bedeutung haben.
Ihren Werken sieht man an, dass sie die technischen Grundlagen beherrschte. Aber sie war weit von dem Können der großen Salonmaler entfernt. Die meisten ihre Gemälde finde ich langweilig oder zu dilettantisch umgesetzt. Aber zwei Porträts in der Kunsthalle gefielen mir doch. Zum einen das Selbstporträt, aufgrund der ungewöhnlichen, grünlich-gelben Farbgebung und dem intensiven Blick. Zum anderen das Bildnis des jungen Mädchens, welches eine Ruhe ausstrahlt, die den Werken dieses Ausstellungsraumes sonst fremd sind.

Anita Rée - Selbstbildnis (um 1929)
Anita Rée - Teresina (1925)

Edvard Munch (1863 - 1944): 
Das ich nicht gerade ein großer Fan Munchs bin, kann man hier nachlesen. Seine comicartigen Bilder, laienhaft gemalt, statisch komponiert, fehlt jedes Leben. Aber als akademisch geschulter Maler kannte er sein Handwerk und hat es manchmal auch genutzt. So wie hier bei seiner Madonnen-Studie, deren geschlossene Augen von religiöser Ekstase zeugen.
Apropos, wer ein ähnliches Motiv in vollendeter Form von einem Salonmaler umgesetzt sehen möchte, öffne den Link hier zur Gyula Benczúrs fantastischen Version seines Narziss. Dann wird sofort klar, warum die Umsetzung Munchs nur als einfache, aber natürlich schöne Studie bezeichnet werden kann.

Eduard Munch - Madonna (1894)

Französische Impressionen des 19. Jahrhunderts

In der Kunsthalle sind Werke von allen bekannten Malern aus dem Umkreis der französischen Impressionisten vertreten. Nicht mit 0815-Ware, wie es bei kleinen Museen oft der Fall ist, um mit ihren Namen in der Sammlung zu punkten. Sondern mit guten, mehr an ihre akademischen Wurzeln anknüpfende Gemälden.

Henri de Toulouse-Lautrec (1864 - 1901):
Toulouse-Lautrec war bestimmt nicht der talentierteste Maler, aber in fast fünf Jahren Ausbildung bei einem Salonmaler (Fernand Cormon) nahm er natürlich einiges an Handwerk mit. Seinen Figuren fehlte das Blut in den Adern, aber schlecht ist das Bild mit Sicherheit nicht.

Henri de Toulouse-Lautrec - Die Tochter des Polizisten (1890)

Édouard Manet (1832 - 1882):
Manet ist kein Impressionist, aber genauso wie diese betrachtete er Bilder als fertig, die früher nur als Studien oder als Zwischenstation zum vollendeten Gemälde angesehen wurden. Die beiden hier abgebildeten Werke sind Beispiel dafür.

Édouard Manet - Der Schriftstelle Henri Rochefort (1881)
Édouard Manet - Nana (1877)

Claude Monet (1840 - 1926):
Monets Bilder sind mir meist nicht vollendet genug, aber seine Farbgebung spricht mich fast immer an. Aus der Riege der berühmten französischen Impressionisten ist er der beste Kolorist. Dies bestätigt auch die schöne Stillleben-Studie der Hamburger Kunsthalle.

Claude Monet - Birnen und  Trauben (1880)

Pierre-Auguste Renoir (1841- 1919):
Renoir hat in seinen frühen, noch von der akademischen Ausbildung geprägten Jahren, einige beeindruckende Stillleben gemalt. Eine davon ist im Besitz des Museums und hier abgebildet.

Pierre-Auguste Renoir - Blumen im Gewächshaus (1864)

Landschaften des 19. Jahrhunderts

In der Hamburger Kunsthalle liegt der Schwerpunkt der Landschaftsbilder bei der deutschen Romantik und der Schule von Barbizon. Als Besonderheit findet man einen originalgetreu wiederhergestellten Raum der Gründerzeit, der unter anderem mit acht großformatigen Gemälden trumpft.

Heinrich Reinhold  (1788 - 1825):
Reinhold ist für mich die große Überraschung bei den Landschaftsmalern. Seinen Namen kannte ich bisher nicht und war deshalb umso erstaunter, zwei so wunderbare Studien von ihm zu sehen. Beide auf höchstem Niveau.

Heinrich Reinhold - Baumstudie (um 1822)
Heinrich Reinhold - Felsschlucht bei Sorrent (1823)

Ludwig Richter (1803 - 1884):
Die Gemälde Ludwig Richters finde ich in der Regel zu langweilig, um länger bei ihnen zu verweilen. Deshalb achte ich nicht so sehr auf Details in seinen Bildern. Dabei geht jedoch völlig unter, welch ein guter Landschaftsmaler er war. Der prächtige Entwurf der Hamburger Kunsthalle gehört zu den besten Landschaftsstudien, die ich live je gesehen habe.

Ludwig Richter - Das Nadelöhr im Rabenauer Grund (um 1839 -40)

Ferdinand Georg Waldmüller (1793 - 1865):
Vom Alleskönner aus Wien sind unter anderem mehrere kleinen Baumstudien in der Kunsthalle zu finden. Die Schönste sei hier abgebildet.

Ferdinand Georg Waldmüller - Alte Ulmen im Prater (1831)

Théodore Rousseau (1812 - 1867):
Das Gemälde Rousseaus ist ein gutes Beispiel für die realistische Landschaftsmalerei der Schule von Barbizon. Die geschickt eingesetzten roten Kleidungsstücke sind ein Anziehungspunkt auch bei Nahsicht des Gemäldes.

Théodore Rousseau - Waldlichtung nahe einem Dorf (1833)

Charles-François Daubigny (1817 - 1878):
Daubigny war zeitweise Schüler eines der größten Maler der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Paul Delaroche. Thematisch liegen zwischen diesen beiden Künstlern Welten. Aber Sinn einer guten akademischen Ausbildung ist nicht der Zwang in das Korsett des Lehrers, sondern Vermittlung der Technik. Das hier abgebildete Bild ist eines der unzähligen Gemälde, die Daubigny von dem Fluß Oise malte.

Charles-François Daubigny- An der Oise (1869)

Jean-Baptiste Camille Corot (1796 - 1875):
Wenn von der Schule von Barbizon die Rede ist, dann darf Corot natürlich nicht fehlen. Von ihm sind mehrere Landschaftsstudien in Hamburg ausgestellt. Die vielleicht Schönste möchte ich hier zeigen.

Camille Corot - Der Fährmann (um 1868)

Johan Barthold Jongkind (1819 - 1891):
Jongkind gilt als einer der Väter des Impressionismus. Seine Bilder sind mir deshalb meist nicht vollendet genug. Wer jedoch ein typisches Werk von ihm sehen möchte, ist mit dem Gemälde der Kunsthalle bestens bedient.

Johan Barthold Jongkind - Die Seine beim Pont Marie in Paris (1851)

Hans Thoma (1839 - 1924):
Von Thoma ist ein sehr schönes Gemälde ausgestellt, eine Symphonie in den verschiedensten Grüntönen.

Hans Thoma - Waldwiese (1876)

Valentin Ruths (1825 - 1905):
Im Zentrum der Kunsthalle ist ein beeindruckendes Treppenhaus, welches in den Jahren 1880 bis 1886 mit Gemälden, Sprüchen und meisterlicher Dekorationsarbeit ausgestattet wurde. Der Raum ist ein Schmuckstück des Historismus und versetzt einen für kurze Zeit zurück in den Glanz und Pomp der Kaiserzeit.
Der Maler Ruths, den ich bis dahin noch nicht kannte, schuf hierfür zwei Zyklen von Tages- und Jahreszeitenbildern, bestehend aus acht Wandbildern.

Valentin Ruths - Treppenhaus Kunsthalle (1880 - 84)
Valentin Ruths - Treppenhaus Kunsthalle (1880 - 84)

Valentin Ruths - Treppenhaus Kunsthalle (1880 - 84)