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Samstag, 18. Februar 2017

Landesgalerie Hannover Teil 1

In Hannovers Mitte findet man ein Meisterwerk des deutschen Historismus. Der Maschpark bildet zusammen mit dem imponierendem Neuen Rathaus und dem Landesmuseum ein beeindruckendes Schauspiel großartiger Städteplanung des frühen 20. Jahrhunderts.

Maschpark mit Rathaus - Gero Brandenburg. Lizenz: CC BY-SA 2.0
Mein kurzer Besuch der Landeshauptstadt beschränkte sich auf die im obersten Geschoss des Museums untergebrachten KunstWelten. Der Eintrittspreis ist mit 5 Euro ungewohnt niedrig. Sehr gut gefallen hat mir, dass es zu fast jedem Bild eine Informationstafel mit inhaltlicher Beschreibung gibt. Und die Genehmigung, eigene Bilder (aber nicht die der Sonderausstellungen) in einem Blog zu verwenden, ist sehr erfreulich.

Ein Rundgang durch die Etage(n) entspricht aufgrund meines Kunstgeschmacks einem fast immer gleichen Muster. Schnell (vor dem 15. Jahrhundert), langsamer (15-18. Jahrhundert), langsam (19. Jahrhundert), wieder schneller (ab 20. Jahrhundert).

Landesgalerie Hannover

So war es dann auch in Hannover. Trotz dieser Routine ist es aber immer wieder spannend, ein unbekanntes Museum zu besuchen. Man lernt neue Künstler kennen, lieb gewonnene sieht man freudig wieder, Vorurteile werden bestätigt und manchmal auch leicht revidiert.

15 - 18. Jahrhundert




1. Deutschsprachige Künstler

In der Sammlung sind aus diesem Zeitraum relativ viele Künstler der Region ausgestellt. Dies ist gut, da eine Galerie des Landes einen kleinen historischen Überblick über das Kunstschaffen vor Ort geben sollte und deshalb auch kleinere Lichter dem Publikum präsentieren darf. 

Lucas Cranach der Ältere (1472 - 1553)

Der ältere Cranach gehört natürlich nicht zu den kleinen Lichtern. Er ist einer der bedeutendsten Maler der frühen deutschen Renaissance. Seine Kompositionen sind der Zeit entsprechend oft arg gestellt und wirken unharmonisch, aber die detaillierte Malweise lädt auch heute noch zum Betrachten ein.

Seinen Freund Philipp Melanchthon verewigte er in mehreren Porträts. Typisch ist der einfarbige grüne Hintergrund, den der Altmeister gerne verwendete, zum Beispiel in seinem Scheurl-Porträt von 1509 oder dem Luther-Porträt aus dem Jahre 1521.

Lucas Cranach der Ältere - Bildnis des Philipp Melanchthon (1533)

Cranach war für seine Zeit bestimmt ein guter Maler, aber seine technischen Fähigkeiten waren begrenzt. Deshalb ist er ein begehrtes Ziel für Kunstfälscher, denn die Preise am Markt sind gut und eine Kopie möglich. So machte vor kurzer Zeit eine gefälschte Venus in den Medien die Runde. Ein Motiv, welches der Renaissance-Meister vielfach wiederholte. Das Cranach-Archiv verzeichnet sagenhafte 33 Ausführungen. Die nur mit einem durchsichtigen Schleier verhüllte Göttin sprach trotz ihrer heidnischen Herkunft bestimmt auch den sonst sehr christlichen Sammler an. Die Kuratoren der Landesgalerie konnten ihr in den 80er Jahren jedenfalls nicht widerstehen.

Lucas Cranach der Ältere - Venus mit Armor

Ludger tom Ring der Jüngere (1522 - 1584)

Ein paar Meter von den Cranachs entfernt hing ein weiteres kleines Bildnis mit dem typischen grünen Hintergrund, ähnlich dem Melanchthon-Porträt, aber etwas feiner gemalt. Jedoch war es zu meiner Überraschung nicht von Cranach, sondern einem Sprössling der mir bisher völlig unbekannten niedersächsischen Malerfamilie tom Ring. Von Ludger dem Jüngeren findet man Einiges im Netz, wobei das Hannover-Bild mit seinem lebendigen Ausdruck, in dem jedes Detail fein gemalt ist, bestimmt zu den besten Werken dieses Künstlers gehört.

Ludger tom Ring d. J. - Bildnis eines Mannes (1566)


Anna Rosina de Gasc (1713 - 1783)

Eine ältere, melancholisch wirkende Dame, blickt uns intensiv mit ihren dunklen Augen an. Es ist ein Selbstbildnis der damals 69-jährigen Anna Rosina de Gasc, geborene Lisiewska. Als Schülerin von Antoine Pesne und Hofmalerin in Zerbst und Braunschweig war sie zu ihrer Zeit sicherlich wohlbekannt, für mich jedoch ein unbeschriebenes Blatt. An fehlendem Können wird dies nicht liegen, da sie Körper und Stoffe auf diesem Bild bemerkenswert gut gemalt hat. Im Netz kursieren viele weniger gelungene Bilder von ihr, typisch für das höfische Rokoko. Das Selbstporträt der Landesgalerie ist aber sehr ansprechend und hat, zumal es von einer der wenigen erfolgreichen Künstlerinnen stammt, eine Abbildung verdient.

Anna Rosina de Gagc - Selbstbildnis (1782)

Anton Graff (1736 - 1813)

Das von Anton Graff gemalte Porträt des Leipziger Freiherrn Jacob Ferdinand Dufour Feronce ist, wie die Informationstafel schön darlegt, in einer Zeit des Umbruchs entstanden. Das Bürgertum wurde einflussreicher und selbstbewusster. Man definierte sich nicht nur über den finanziellen Erfolg, sondern sah auch Bildung als hohes Gut an. Deshalb wollte der hier abgebildete Großkaufmann und Bankier nicht seinen Reichtum präsentieren, sondern als wissender, tiefsinniger Mensch, von Büchern umgeben, den zukünftigen Generationen in Erinnerung bleiben. 

Anton Graff - Jacob Ferdinand Dufour Feronce (um 1787)
Sein direkter Blickkontakt zeigt einen entspannten, von sich überzeugten Menschen, der uns mit einem leichten Lächeln zu verstehen gibt, den Betrachter voll und ganz durchschaut zu haben.

Anton Graff - Jacob Ferdinand Dufour Feronce (um 1787) - Detail

2. Italienische Künstler 

Die Sammlung in Hannover bietet ein paar interessante Gemälde italienischer Maler des 15. und 16. Jahrhunderts. Keiner der ganz großen Namen ist vertreten, aber die zweite Reihe hat auch einiges zu bieten. 

Baldassare Estense (vor 1441/42 - 1504?)

Fasziniert war ich von dem großformatigen Doppel-Porträt des Herzogs von Ferrara und seiner fast zwanzig Jahre jüngeren Frau. Leider fehlt auf den Informationstafeln in Hannover die Größenangaben zu den Gemälden. Es war fast lebensgroß. Aber immerhin sind in diesem Fall wenigstens die Ausmaße der Dame passend beschrieben: "von beachtlicher Leibesfülle". In der heutigen Zeit würde bestimmt das Doppelkinn zurückgenommen und der mächtige Bauch per Bildbearbeitung verdünnt. Aber dieses Schönheitsideal hatte für das Stifterporträt, welches es vermutlich darstellt, keine Bedeutung.
Man kann mit Hilfe des Internets natürlich wunderbar recherchieren und so war ich gespannt, wie die Frau, Eleonora von Aragon, auf anderen Abbildungen dargestellt ist. Zu meiner Verwunderung war sie auf keinem auch annähernd so füllig gemalt. Vielleicht war sie zum Zeitpunkt der Entstehung des Gemäldes mit einem ihrer sieben Kinder schwanger, das würde zum Entstehungsjahr um 1480 passen. Aber im Vergleich zu einer (evtl.) aus dem Hochzeitsjahr 1473 stammenden Münze sieht sie viel älter aus. Vielleicht sind die beiden Porträts dann doch erst Anfang der 90er Jahre, zum Ende ihres Lebens, entstanden.

Wie dem auch sei, beeindruckt hat mich die Dame jedenfalls. So habe ich fast vergessen zu erwähnen, wie fein die Gewänder gemalt sind und wie fremd mir der Künstler bisher war.

Baldassare Estense - Herzog von Ferrara und Eleonora von Aragon (um 1480)

Jacobo da Pontormo (1494 - 1557)

Ein weiteres sehr ungewöhnliches Gemälde ist das den ganzen Rahmen füllende Bildnis des heiligen Hieronymus. Diese verdrehte, unnatürliche Haltung ist eine beliebte Darstellung im 16. Jahrhundert und wird in der Fachsprache passend als Figura serpentinata, also schlangenförmig, beschrieben. Das Bild des Manierismus ist für die aktuellen Kuratoren eines der wichtigsten Gemälde, da sie mit einem riesigen Ausschnitt auf den Treppenstufen des Landesmuseums damit werben.

Jacopo da Pontormo - Der heilige Hieronymus als Büßer (um 1528/29)

Es soll laut Informationstafel auf einer Entwurfszeichnung aus den Uffizien basieren. Habe online leider keine wirklich passende Abbildung gefunden, vielleicht ist die hier verlinkte Skizze gemeint?

Angnolo Bronzino (1503 - 1572)

Aufgrund seines technischen Könnens ist Bronzino in meinen Augen der bedeutendste Maler des florentinischen Manierismus und übertrifft seinen Lehrer Pontormo. Hannover hat ein kleines aber feines Porträt eines schönen italienischen Jünglings in seinem Besitz. Der selbstbewusst, aber etwas verträumt blickende junge Mann, wirkt wie eine gemalte altertümliche Skulptur. Aufgrund seiner ovalen Form soll das Werk, im Gegensatz zu den häufigen Rundbildern (Tondo), fast einzigartig für das 16. Jahrhundert sein.

Angnolo Bronzino - Idealbildnis eines Jünglings (um 1545)


3. Flämische Künstler

Die Sammlung in Hannover  konzentriert sich bei den Flamen ganz auf die Antwerpener Schule, die bedeutendste des Landes. Deshalb findet man alle Großmeister wie Rubens, van Dyck oder Jordaens vertreten. Aber auch Künstler der zweiten Reihe wie Synders und Ryckaert haben das ein oder andere Bild beigesteuert.

Peter Paul Rubens (1577 - 1640)

Es gibt viele Künstler, die Porträts ihrer Familienmitglieder malen. Manche nur für den privaten Gebrauch, andere jedoch verwenden ihre Lieben auch für öffentliche Bilder. Rubens gehört eindeutig zur zweiten Gruppe, denn seine Frauen und Kinder sind immer wieder auf den Gemälden zu finden.
So standen denn auch, mit großer Wahrscheinlichkeit, auf dem kleinen Andachtsbild in Hannover seine Frau Isabelle Brant und ihr gemeinsamer Sohn Albert Modell.

Peter Paul Rubens - Madonna mit stehendem Kind

Dieser, unverkennbar für die Antwerpener Schule, mit roten Bäckchen und goldenem, lockigen Haar.

Peter Paul Rubens - Madonna mit stehendem Kind - Detail
Von weitem denkt man, die Madonna stützt ein kleines Mädchen, aber von Nah kann man doch das wichtige kleine Detail erkennen, welches ihn eindeutig als Junge identifiziert. Ich war neugierig, wie er denn als älteres Kind oder Erwachsener ausgesehen hat und siehe da, auch mit 13 Jahren wirkt er noch sehr androgyn, wie man auf dem Lichtensteiner Bild sehen kann. 

Anthonis van Dyck (1599 - 1651) 

Der große Porträtist des 17. Jahrhunderts, van Dyck, zeigte als junger Mann großes Talent und wurde deshalb schon mit Ende 18 zum freien Meister der Lukasgilde in Antwerpen ernannt. Erst mit diesem Diplom war es erlaubt, eine eigene Werkstatt zu führen. Das war natürlich keine Pflicht und so zog es der Künstler vor, in den nächsten Jahren weiterhin als wichtigster Assistent seines berühmten Landsmanns Rubens zu arbeiten. Die ausgestellten Werke van Dycks, zwei Studien und ein Bildnis, sind alle aus dieser Zeit. Das Bildnis wirkt mit dem rot blauen Hintergrund unharmonisch koloriert, technisch aber natürlich, wie man es nicht anders von dem Flamen kennt, hochwertig umgesetzt.

Anthonis van Dyck - Apostel Paulus (um 1618-2) / Herr von Santander (evtl.) (um 1618/20)  / Heiliger Georg (um 1619)

Jacob Jordaens (1593 - 1678)

Einer meiner Lieblingsmaler, Jordaens, ist auch im Landesmuseum vertreten mit einem für ihn typischen, großen Gemälde. Das Zentrum des Bildraums ist vollgepackt mit Heiligen, kräftigen blonden Kindern. Tiere dürfen auch nicht fehlen. Der landschaftliche Hintergrund und Himmel spielt nur eine untergeordnete Rolle und hat, wie auf vielen Jordaens-Gemälden, keine Bedeutung.
Der Flame malt die Haut seiner Figuren oft auf hervorstechende Weise. Sie ist nicht porzellanartig glatt wie bei vielen akademischen Malern, sondern eher so, also ob sie völlig verfroren gerade einem Eisbad entstiegen sind. Überall sind blaue Adern sichtbar und die Haut wirkt sehr scheckig. Dies kann man auf dem verlinkten Bild hier ganz gut erkennen.

Jacob Jordaens - Die heilige Familie (um 1618-20)

Frans Snyders (1579 - 1657)

In der Sammlung sind verschiedene konventionelle Stillleben ausgestellt, vor allem der Niederländer, zum Beispiel von Nicolaes von Gelder, Willem Claeszoon Heda oder Willem Kalf. Konventionell ist hier nicht abwertend gemeint. Sie sind alle technisch hochwertig, aber inhaltlich sind sie unauffällig, es gibt hunderte ähnliche Bilder aus dieser Zeit. Deshalb möchte ich hier nur auf das ungewöhnliche Stillleben beim Wildhändler des Frans Snyders eingehen. Zartbesaitete mögen nun die Augen schließen, denn es geht ans Eingemachte. 
Ein Reh nimmt die ganze Breite des Bildes ein. Aber es hüpft nicht lebendig und froh über die Waldlichtung, sondern ist tot und liegt ausgestreckt auf des Händlers Tisch. Dieser beginnt gerade sein Werk und weidet es aus. Oder, wie es in der Fachsprache heißt, schlägt das Wild aus der Decke. Dezent, nicht brutal, es ist kein Blut zu sehen, aber trotzdem deutlich sichtbar.
Witzig ist hingegen die kleine Kompositionsidee, dem neugierigen, hungrigen Jagdhund links unten die gleiche Haltung wie dem abgetrennten Wildschweinkopf auf der anderen Seite des Jägers zu geben.

Frans Synders - Stillleben beim Wildhaendler (um 1630-40)

4. Niederländische Künstler

Bei Erwähnung des goldenen Zeitalters der Niederlande denkt man automatisch an die Altmeister Rembrandt und Vermeer oder die unzähligen Genre-, Landschafts- oder Stilllebenmaler, die Teil dieser Hochblüte unserer westlichen Nachbarn waren. Mit Rembrandt wird zwar geworben, aber mir ist er völlig durch die Lappen gegangen. Deshalb vermute ich, dass es sich um eine unauffällige Studie handelt, die man schnell übersieht und eher für Marketing-Zwecke erworben wurde.
Von einem der großen Landschaftsmaler des 17. Jahrhunderts, Jacob von Rusidael, ist jedoch ein schönes Landschaftsbild in der Landesgalerie ausgestellt. Mein Foto von diesem Gemälde ist leider zu verwackelt, aber online ist es zum Beispiel hier zu finden.
Meine Favoriten jedoch sind die kleinen, feinen Porträts der Sammlung. Drei dieser Bildnisse möchte ich im Folgenden vorstellen.

Carel Fabritius (1622 - 1654)

Fabritius war zur falschen Zeit am falschen Ort. Am 12. Oktober 1654 zerstörte eine gewaltige Explosion die Delfter Innenstadt und riss hunderte Menschen in den Tod. Einer von ihnen war der talentierte, erst 32 Jahre alte Carel Fabritius, der in seinem Atelier ums Leben kann. Das Bildnis der Dame mit Federhut ist wohl eines seiner letzten Gemälde und hat seinen Platz über 300 Jahre später in dem Hannoverschen Landesmuseum gefunden. 

Carel Fabritius - Damenbildnis (1654)

Der Hut samt Feder ist schön gemalt, aber noch mehr hat mich der Ohrring mit der an einer Schleife befestigten Glasperle fasziniert, da ich solch ein Schmuckstück schon mal gesehen habe. Und zwar auf dem berühmten Gemälde Caravaggios, Judith enthauptet Holofernes, siehe zum Beispiel hier.

Carel Fabritius - Damenbildnis (1654) - Detail

Paulus Lesire (1611 - 1654)

Lesire ist einer der unzähligen von Rembrandt beeinflussten Zeitgenossen, deren Namen man heute leider nicht mehr wirklich kennt. Lesires Lehrmeister war Jacob Gerritsz. Cuyp, der Vater des bedeutenden niederländischen Landschaftsmalers Aelbert Jacobsz. Cuyp. Der Bildaufbau des älteren Cuyp ist oft unansehnlich, aber in den Einzelporträts blitzt sein großes technisches Können auf. Die Onlineseite des Dordrechtsmuseum verdeutlicht dies gut. Das Lesire sein Handwerk im Rahmen seiner Lehre perfektionieren konnte, wundert darum nicht. Dies zeigt auch das Bildnis der Landesgalerie eindrucksvoll, in dem vor allem der schwarze, glänzend polierte Harnisch alle Blicke auf sich zieht. Das lenkt natürlich von der Person selber ab und ist aus kompositorischer Sicht nicht ganz geschickt. Aber beeindruckend ist es jedenfalls gemalt.

Paulus Lesire - Brustbild eines braungelockten jungen Mannes (Anfang 1630er Jahre) - Wikipedia

Paulus Lesire - Brustbild eines braungelockten jungen Mannes (Anfang 1630er Jahre) - Detail


Wallerant Vaillant (1623 - 1677)

Es gibt so viele unbekannte Maler, deren Namen man nicht mehr kennt, die aber handwerklicher Meister großer Klasse waren. Wie zum Beispiel der Niederländer Vaillant, dessen kleines Selbstbildnis zu den absoluten Höhepunkten der Sammlung zählt. Das Porträt hat live eine enorme Anziehungskraft. Ich habe es minutenlang angeschaut und von den verschiedensten Positionen aus bewundert. 

Wallerant Vaillant - Selbstbildnis mit Helm (um 1655)

Die Augen lassen einen nicht mehr los, wohin man auch geht. 

Wallerant Vaillant - Selbstbildnis mit Helm (um 1655) - Detail

Der Ärmel ist fantastisch gemalt und zum Greifen nah. Vaillant hat jedoch nicht den Fehler Lesires gemacht, alle Aufmerksamkeit nur auf ein Detail zu lenken. Das Porträt ist wunderbar abgerundet und in meinen Augen eines der Schönsten, die ich je gesehen habe.

Wallerant Vaillant - Selbstbildnis mit Helm (um 1655) - Detail


Montag, 9. März 2015

Kunsthalle Karlsruhe Teil 3 (Ende)

Es fehlen noch vier Schwergewichte, welche einen Teil ihres Lebens in Karlsruhe verbracht haben. Diese werden im Folgenden vorgestellt.

Carl Friedrich Lessing (1808 - 1880)

Der Preuße Lessing übernahm 1858 den Direktorenposten der Kunsthalle und blieb in Karlsruhe bis zu seinem Lebensende. Nach dem Tod Schirmers übernahm er für eine Übergangszeit zusätzlich die künstlerische Leitung der Akademie.

Es waren nicht immer einfache Jahre für Lessing, denn die politischen Spannungen führten zu manch kritischer Situation. Zugespitzt bestimmt in den Monaten des Deutschen Krieges, bei dem Baden, verbündet mit Österreich, Preußen nicht gerade wohlgesinnt war. Ein Zeitungsartikel enthielt die offene Drohung, dass Lessing, je nach Verlauf des Konflikts, Unannehmlichkeiten zu erwarten habe.
..., und Direktor C.F. Lessing lud alle seine Freunde ein, wenn es zum schlimmsten komme, sich mit ihm in seiner Amtswohnung zu verbarrikadieren, wo er Schießzeug und Munition in Hülle und Fülle habe... (Zitat Anton von Werner)
Aufgrund der schnellen Beendigung des Krieges eskalierte die Situation jedoch nicht.

Das in der Kunsthalle ausgestellte romantische Bild der Kreuzfahrer aus dem Jahre 1863 wurde frisch von der Staffelei der großherzoglichen Sammlung einverleibt. Nach langer, beschwerlicher Reise erreichten die Kreuzfahrer den heiß ersehnten Fluss, um ihren brennenden Durst zu stillen.

Carl Friedrich Lessing - Die Kreuzfahrer in der Wüste (1863)
Typisch für Lessing wird hier nicht idealistisch der Höhepunkt einer Kreuzfahrt, wie z.B. der Einzug in die eroberte Stadt, dargestellt, sondern der Blick auf eine weniger spektakuläre, menschliche Randszene gelenkt. Diese soll eine realistischere Vorstellung von solch einer Kreuzfahrt liefern. Realistisch in dem Sinne, dass es in dieser Art hätte passiert sein können. Komponiert ist es natürlich weiterhin bis ins letzte Detail.

Carl Friedrich Lessing - Die Kreuzfahrer in der Wüste (1863) - Details

Das andere große Historienbild Lessings in der Kunsthalle sorgte bei seinen Konkurrenten für großes Wehklagen und Missgunst. Es wurde für einen so hohen Betrag (der jedoch dem damaligen Marktwert seiner Bilder entsprach) angekauft, dass das Budget der Ankaufskommission für Jahre verbraucht war. Uns ist dies nur recht, denn so können wir uns an dem Disput zwischen Martin Luther zur Linken und Johannes Eck zur Rechten erfreuen.
Carl Friedrich Lessing - Disputation zwischen Luther und Eck auf der Pleißenburg zu Leipzig im Jahre 1519 (1867)
Carl Friedrich Lessing - Disputation zwischen Luther und Eck auf der Pleißenburg zu Leipzig im Jahre 1519 (1867) - Detail

Anton von Werner (1843 - 1915)

Anton von Werner kam aufgrund der Empfehlung von Professor Adolph Schroedter für vier Jahre (1862 - 1866) nach Karlsruhe 

Künstlerisch schätzte von Werner diese Jahre wenig. Er lernte mehr über die Malerei aus den Gesprächen mit Lessing als aus dem Unterricht an der Akademie. Privat jedoch war die Zeit ein voller Erfolg. Das kleine, übersichtliche Karlsruhe kam seinem Naturell sehr entgegen. Es war eine familiäre Atmosphäre, in der viel diskutiert, musiziert, aufgeführt und politisiert wurde. Mit Scheffel gewann er einen lebenslangen Freund, dessen Werke von Werner vielfach illustrierte. Und seine zukünftige Frau, die Tochter Schroedters, lernte er ebenfalls hier in Karlsruhe kennen.

Das in der Kunsthalle ausgestellte Werk Konradin von Hohenstaufen und Friedrich von Baden, das Todesurteil hörend war das erste große Historienbild von Werners und wurde auf der Weltausstellung in Paris akzeptiert. Ein Erfolg für den damals noch völlig unbekannten Maler.
Hinweis: Die Farbgebung ist auf den Details unten realistischer als auf dem Gesamtbild oben.

Anton von Werner - Konradin von Hohenstaufen und Friedrich von Baden wird 1268 zu Neapel im Kerker durch Robert von Bari auf Behehl Karls von Anjou das Todesurteil verkündet (1866)
Anton von Werner - Konradin von Hohenstaufen und Friedrich von Baden wird 1268 zu Neapel im Kerker durch Robert von Bari auf Behehl Karls von Anjou das Todesurteil verkündet (1866) - Details

Anselm Feuerbach (1829 - 1880)

Feuerbach ist Spross einer weitverzweigten Gelehrtenfamilie. Bekanntester Verwandte ist sein Onkel Ludwig. Das Feuerbach trotz dieser feinen Herkunft in seinen Äußerungen oft weniger taktvoll war, habe ich vor Jahren einmal hier beschrieben. In einer für den Sonderling typischen Mischung aus Selbstmitleid, Arroganz und Holzhammer bekommt natürlich auch Karlsruhe sein Fett weg:
  • Schirmer war eine Jammerseele, 
  • die Stadt ein Dorf, 
  • die Leute borniert, 
  • die Zeit in Karlsruhe insgesamt verschwendet.
Die Verantwortlichen des Museums haben ihm dies aber nicht übel genommen, denn in der Kunsthalle sind immer noch einige Werke Feuerbachs ausgestellt. Das ambitionierteste Projekt seiner Laufbahn war das Gastmahl des Plato oder auch Symposion genannt. Er hat es in zwei Versionen umgesetzt, die erste Fassung ist hier abgebildet, die zweite Version befindet sich in der Nationalgalerie, siehe zum Beispiel hier. Das 6 Meter breite Gemälde nimmt fast den ganzen Raum ein. Zum Zeitpunkt meines Besuchs war der Platz vor dem Bild mit Stuhlreihen belegt, bestimmt ein schöner Rahmen für einen Vortrag in wunderbarer Umgebung.

Anselm Feuerbach - Das Gastmahl des Plato (1869)

Rechts sind Philosophen (unter anderem Sokrates) dargestellt, welche über Eros sinnieren und debattieren. Links erscheint ein bacchantischer Zug (Alkibiades), der die gelebte Sinnesfreuden repräsentiert. Die Person in der Mitte des Bildes (Agathon), ist Vermittler zwischen diesen beiden Sphären.

Anselm Feuerbach - Das Gastmahl des Plato (1869) - Details

In dem Feuerbachraum ist neben diesem Großgemälde unter anderem ein Selbstporträt des Malers ausgestellt. Es zeigt ihn als nachdenklichen Dandy, der, wie für Feuerbachs Porträts charakteristisch, seinen Blick in unbekannte Ferne richtet. Zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissend, dass er nur noch zwei Jahre zu leben hat.

Anselm Feuerbach - Selbstbildnis (1878)

Einen Überblick zu bieten über Feuerbach wäre ohne ein Bild seiner geliebten Nana unvollständig. Er hat diese römische Schönheit in vielen Bildern festgehalten und konnte auch den Großherzog Friedrich I von ihrer Aura überzeugen. Denn dieser erwarb das Bild 1861 direkt vom Künstler zur Verschönerung von Schloss Mainau.

Anselm Feuerbach - Nanna Risi (1861)

Ferdinand Keller (1842 - 1922)

Enden möchte ich mit einem der treusten Söhne Karlsruhes. Ferdinand Keller. Der Maler war über 40 Jahre Professor an der Kunstakademie, der er 33 Jahre als Direktor vorstand. Angebote anderer Städte hatte er genug, aber seiner geliebten Heimat blieb er bis zu seinem Ruhestand treu. Als Dank wurde manches seiner Gemälde für die Sammlung erworben. So auch den Türkenlouis zur Verherrlichung der badischen Geschichte. Die Ankaufskommission, der auch Lessing angehörte, verwendete für den Kauf ihre gesamten Mittel des Jahres 1878/79. Dies verursachte aber diesmal keinen Aufschrei, wie es noch vor Jahren bei Lessings Luther-Bild der Fall war.

Ferdinand Keller - Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden, der Türkenlouis, reitet nach der Schlacht bei Salankamen am 19.8.1691 in das Zelt des sterbenden Mustafa Köprili (1879)

Die Schlacht ist barock-überladend gemalt, der Kampf tobt, die Leiber sind verschmolzen. Man kann in der Hektik nur schwerlich die einzelnen Szenen abgrenzen. Auf dem Höhepunkt des Kampfes dringt der Fürst, hoch auf seinem Ross, in das Zelt des sterbenden Feindes ein. Die Türken sind überwältigt, der Sieg ist nah, Baden triumphiert.

Ferdinand Keller - Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden, der Türkenlouis, reitet nach der Schlacht bei Salankamen am 19.8.1691 in das Zelt des sterbenden Mustafa Köprili (1879) - Details

Fazit

Die Kunsthalle in Karlsruhe ist ein tolles Museum. Ich hoffe, mein Bericht macht etwas Appetit auf mehr, denn der Anblick der Originale ist durch keine Abbildung zu ersetzen.

Kunsthalle Karlsruhe Teil 2

Die Karlsruher Maler des 19. Jahrhunderts verbindet man vor allem mit der Landschafts- und Historienmalerei.


In diesem Teil möchte ich ein paar Landschaftler vorstellen, welche ihren Weg in die Sammlung der Kunsthalle gefunden haben.

Johann Wilhelm Schirmer (1807 - 1863)

Der Aufstieg der Karlsruher Kunstakademie zur bedeutenden Institution begann Mitte des 19. Jahrhundert mit der Anwerbung Johann Wilhelm Schirmers. Er galt als einer der Hauptgründer der weltweit bekannten Düsseldorfer Landschaftsschule und war Anziehungspunkt für junge Maler und schon bekanntere Kollegen.

Schirmers Naturansichten sind oft ähnlich komponiert wie die seines Vorbilds Carl Friedrich Lessing. Die Bilder könnten auch ohne menschliche Staffage bestehen, aber zur Abrundung ist fast immer eine kleine Geschichte eingebaut, um das Interesse an dem Gemälde zu steigern. Schirmer stellt hierbei meist kleine Anekdoten oder biblische Geschichten dar.
So wie in den beiden Szenen aus der Serie Die vier Tageszeiten, welche der Großherzog 1858 der Sammlung einverleibte.
 
Johann Wilhelm Schirmer - Der Mittag - Der Überfall auf den Wanderer (1857)

Johann Wilhelm Schirmer - Der Abend - Der Barmherzige Samariter (1857)

Seine große Stärke zeigte Schirmer, wenn er frei von solchem Tiefgang die Natur darstellte, wie sie war. So sind in der Kunsthalle zwei schöne Ausflüge mit Blick auf ein weites Tal ausgestellt.

Johann Wilhelm Schirmer - Das Geroldsauer Tal bei Baden-Baden (1855)
Johann Wilhelm Schirmer - Das Oberbeuerner Tal vom Cäcilienberg aus - Vormittag (1855)

Wahre Meisterwerke sind seine detaillierten Studien, die nicht als eigenständige, für die Öffentlichkeit gedachte Werke galten.

Johann Wilhelm Schirmer - Böschung mit Baumstamm (um 1855-60)

Die Felsküste bei Etretat habe ich schon 2002 in einer Aachener Ausstellung gesehen und war damals hin und weg. Und nach all den Jahren hat sich an dieser Wirkung nichts geändert. Dieses kleine Werk ist für mich noch immer die schönste Küstenstudie, die ich je gesehen habe. Ein Höhepunkt der gesamten Karlsruher Sammlung.

Johann Wilhelm Schirmer - Felsküste bei Etretat (1836)

Carl Blechen (1798 - 1840)

Blechen ist einer der ausgestellten Landschaftsmaler, die keine direkte Verbindung zu Karlsruhe haben. Sein Bild soll die Sammlung der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vervollständigen. Ausgestellt ist ein typisches Italien-Motiv Blechens. Ein spektakulärer Blick die Steilwand hoch in Richtung Kloster, welches er aus einer etwas anderen Richtung auch hier festgehalten hat.

Carl Blechen - Blick auf das Kloster Sta. Scolastica bei Subiaco (1832)

Carl Morgenstern (1811 - 1893) 

Der Frankfurter Morgenstern rundet die hochwertige Zusammenstellung der Zeit vor 1850 ab. Der Künstler war ein guter Architektur- und Landschaftsmaler, ist aber leider nicht allzu bekannt. An der Qualität seiner Bilder liegt es jedenfalls nicht, diese sind von hoher Güte. Die von seiner frühen Italienreise beeinflussten Gemälde überzeugen durch schöne Lichteffekte, wie auch in diesem Bild. Seine große Schwäche war die Darstellung der menschlichen Staffage, aber in seinen Freilichtstudien, wie diese hier, spielte dies, zum Glück mag man sagen, keine Rolle.

Carl Morgenstern - Am Golf von La Spezia (1841)

Arnold Böcklin (1827 - 1901)

In jungen Jahren lebte der Schweizer Böcklin fast sieben Jahre in Rom. Die Italienreise stand zu dieser Zeit noch auf dem Pflichtprogramm viele Maler und ebbte erst mit dem größeren Selbstbewusstsein zur eigenen nationalen Kunst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts langsam wieder ab.
Das in der Kunsthalle ausgestellte Landschaftsbild Böcklins wirkt auf meiner Aufnahme bei weitem nicht so schön, wie es wirklich ist. Vor allem der große, alles überragende Baum in der Mitte, mit seiner hellen, gefleckten Rinde, ist wunderbar gemalt.

Arnold Böckling - Landschaft im Albanergebirge (1851)

Eugen Bracht (1842 - 1921)

Eugen Bracht war einer der besten Landschaftsmaler im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Anton von Werner war sehr bemüht, ihn nach Berlin zu holen und machte ihm dies mit einer Professur schmackhaft.

Seine Lehrjahre verbrachte der Maler an mehreren Akademien, unter anderem an der Kunstschule in Karlsruhe, wo er zeitweise mit Hans Thoma befreundet war. Nach zwei Jahren verließ er Baden jedoch in Richtung Düsseldorf, da ihm Professor Schirmer nicht als geeignetes Vorbild erschien.

Auf den Auktionen tauchen immer wieder beeindruckende Orientbilder Brachts auf, welche das Leben in der kargen Wüste beschreiben. So wie das wunderbare Gemälde der Kunsthalle aus dem Jahre 1882. Vor dem Bild trocknet einem die Kehle. Die brütende Hitze dieses Wüstentages muss mit einem kühlen Schluck gemildert werden. Prost!

Eugen Bracht - In der Wüste Araba (1882)

Hans Thoma (1839 - 1924)

Als Anfang des 20. Jahrhunderts immer mehr Salon-Maler von der Kritik als bedeutungslos eingestuft wurden, konnte überraschenderweise Hans Thoma seinen guten Ruf behaupten. Seine Bilder gehörten technisch noch der akademischen Tradition an, aber mit ihren harmlosen Themen waren sie kein rotes Tuch für die Neues suchenden Kunstrichter.

Hans Thoma - Kinderreigen (1872)
In seinen zwanziger Jahren lebte und studierte Thoma immer mal wieder in Karlsruhe. Es war nicht die glücklichste Zeit seines Lebens, wie man in seiner Autobiographie Im Winter des Lebens nachlesen kann (zum Beispiel online hier). Nach Karlsruhe zog es ihn deshalb erst wieder im hohen Alter von 60 Jahren. Grund war ein Stellenangebot, welches er nicht ablehnen konnte. Direktor der Kunsthalle und Professor an der Akademie. Den Aufwand seiner Lehrtätigkeit konnte er gering halten, was zeigt, welch freies Leben die angeworbenen Kräfte damals in Karlsruhe hatten. Gleiches war nämlich auch von seinem Vorgänger Lessing bekannt.

Hans Thoma - Selbstbildnis mit Amor und Tod (1875)
Thoma war nicht der große Könner wie Anton von Werner. Seine Bilder sind manchmal etwas langweilig, unglücklich komponiert und die Menschen leblos. Mir gefallen vor allem die Landschaften, in denen er mit sattem grün und kräftigem blau arbeitet. So wie oben zum Beispiel beim Kinderreigen, hier oder hier.

Thoma-Kapelle Eingang
Ein faszinierender Raum, der seinesgleichen sucht, ist die Thoma-Kapelle. Man tritt von oben, über eine abgedunkelte Zwischenpassage, ein in eine Art Gruft (ohne Sarg). Diese Gestaltung verleiht dem Raum einen sakralen Charakter. Der zu Thomas Ehren errichtete Bau (1905-1909) sollte der krönende Abschluss seines Lebenswerkes werden, da der Meister selber die großformatige Gemälde aus dem Leben Jesus beisteuerte.

Vor allem die Nahaufnahmen zeigen jedoch, dass das malerische Endergebnis die hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen konnte. Die Umsetzung der Menschen ist für einen akademischen Maler eher bescheiden, nur die Gewänder können wirklich überzeugen.


Thoma - Kapelle

Thoma - Kapelle

Thoma - Kapelle
Thoma - Kapelle
Thoma - Kapelle
Thoma - Kapelle