Samstag, 17. Januar 2009

Joseph B auf der Suche nach der Kunst

Eben fiel mir das Märchen ein, von einem, der auszog, um Künstler zu werden. Nennen wir ihn Joseph B.

König der Dilettanten

Dieser Joseph B war der Star der DocumentO, einer Show der Lächerlichkeiten und Langeweile. Er galt als König des Dilettantenreichs. Er hätte glücklich sein können, aber jeden Abend, als er gemütlich aber unruhig in seinem warmen Bettchen lag, träumt er immer den gleichen Traum.
Er wollte ein Künstler sein. In seinem Dilettantenreich wusste niemand mehr, wie man dies werden konnte. Das Wissen war schon vor langer Zeit verloren gegangen. Der letzte, der die Kunst kunstvoll beherrschte, ist vor vielen Jahren gestorben, verlacht und ignoriert von den Bewohnern des Dilettantenreichs.

Die Suche beginnt


Deshalb machte sich unser Joseph B auf, um den Ort zu suchen, wo noch richtige Künstler zu finden sind. Zum Glück begab es sich zu dieser Zeit, dass gerade eine der großen Weltausstellungen ihre Tore öffnete. Dort wird auch das Häuschen der Künstler sein, dachte er. Also geschwind seine wichtigsten Werke eingepackt und auf ging's in Richtung dieser Zauberwelt. Nach langem Fußmarsch erreichte er glücklich und voller Freude sein sehnsüchtig erwartetes Ziel.

Am Ziel seiner Wünsche

Er schlich zu einem der großen Fenster des Häuschens und spähte hinein. Da waren sie also versammelt. Große Meister der wahren Kunst, bewunderte Könner ihres Fachs. Sehr viele fehlten dieses Jahr, doch die Anwesenden erkannte er doch. Bis zur Präsentation des nächsten Gemälde war eine unerwartete Verzögerung eingetreten, da die Träger verzweifelt versuchten, das 53 Quadratmeter große Monumentalgemälde "Die Seeschlacht von Salamis" von Wilhelm von Kaulbach durch die kleine Hintertür zu quetschen.

Illustre Runde

Joseph B hatte also noch genügend Zeit, in Ruhe das Geschehen im Inneren zu beobachten.

Er sah den in Gedanken versunkenen Peter Paul Rubens, der über ein geschicktes Vorgehen bei seinen nächsten Friedensverhandlungen nachdachte. Neben ihm nahm Rembrandt van Rijn gerade einen kräftigen Schluck vom köstlichen Rotwein, während Anselm Feuerbach selbstverliebt sein eigenes Spiegelbild betrachtete.
Jehan Georges Vibert skizzierte eine Idee zu einem Gemälde des gern von ihm karikierten Papst Benedetto Ratzinger der Xte.

Und es waren noch andere versammelt.

Unser Joseph B sah den kleinen Adolph Menzel, wie immer zeichnend in seinem Notizbuch versunken. Menzel hatte die Unterbrechung wegen Kaulbachs Gemälde gar nicht registriert, da er damit beschäftigt war, den Stuhl zu zeichnen, auf dem vor ihm William Bouguereau saß.
Dieser wunderte sich, warum in dieser heiteren Männerrunde keine Frau anwesend war. Der Grund war einfach. Frauen hatten zu dieser Zeit noch keinen Zugang zu den Akademien. Und er beschloss, dies für seine Académie Julian und später für die École des Beaux-Arts zu ändern.
Anton von Werner sorgte unterdessen mit seinem gekonnten Cellospiel für einen angenehmen Zeitvertreib.
Zuletzt erblickte Joseph B noch hinten links den verschmitzt lächelnden Carl Theodor von Piloty. Dieser dachte gerade drüber nach, welches Unglück er wohl als Nächstes zur Leinwand bringen solle, als die Hoffnung in ihm aufkam, vielleicht das in Tränen aufgelöste Gesicht Kaulbachs malen zu können, falls er seine in mehrere Teile zerbrochene Seeschlacht erblickt, welche die Träger vor der Tür noch immer verzweifelt beschäftigt.

Hoffnung

Joseph B hatte genug gesehen. Er war begeistert von dieser illustren Runde und klopfte vorsichtig vorne an der Pforte an, dass ihm Einlass gewährt werde. Ein südländisch aussehender Mann namens Caravaggio öffnete ihm. Dieser war bekannte für seine anpackende Art und wurde deshalb jedes Jahr als Türsteher auserkoren.

"Was ist euer Begehr?", fragt er unseren Joseph B.

Seine Kunst wolle er vorzeigen, zum Beispiel diese Zeichnungen hier, antwortete er.

"Was, Zeichnungen sollen das sein. Das ist wohl ein schlechter Scherz, guter Mann. Diese paar zittrig ungeschickt hingeschmierten Linien nennt ihr Zeichnung? Geht damit besser nicht zu dem Häuschen der Höllenmaler dort hinten, denn diese werden nicht so zivilisiert sein wie unsereins, sondern dich, wegen solcher talentloser Kritzeleien, achtkantig herauswerfen. Habt ihr nichts anders vorzuweisen, werter Herr?"

"Doch, natürlich.", sagte Joseph B und zog aus seinem Gepäck Zitronen, Fettbeutel und manch anderes Lebensmittel mehr.

"Guter Herr", antwortete Caravaggio. "Ich hatte nicht nach ungenießbaren Lebensmitteln gefragt, bin noch halbwegs gesättigt, sondern wollte wissen, ob ihr nichts vorzuweisen habt, was euch als Künstler ausweist."

Da ging unser Joseph B zu seinem Karren und brachte einen Haufen kaputter, alter, dreckiger Möbel mit. Seine letzte Trumpfkarte. Tische, Regal, Stühle, Kisten und vieles mehr war zu sehen. "Diese werden in meiner Dilettantenwelt hoch bewundert und verehrt, Herr Caravaggio."

Abweisung

Dessen gute Laune schwand langsam aber sicher.
Er sagte: "Packt euren Müll wieder ein oder bringt ihn zur Müllhalde, dort, wo er hingehört. Nichts, aber auch gar nichts haben eurer Werke mit Kunst und Können zu tun, deshalb wird euch so nie Einlass in unsere Hallen gewährt. Aber ich erkenne, ihr seid wohl ein Meister in der Kunst, aus Müll Gold zu machen. Deshalb möchte ich euch einen letzten Rat mit auf den Weg geben. Geht zu der glänzenden Hausattrappe hinten rechts. Dort versammeln sich die Immobilienhaie, Börsenspekulanten, Alchemisten und sonstige Blender. Da seid ihr besser aufgehoben. Viel Glück und passt auf euch auf!".

The End

Und so endete der Besuch des Joseph B bei den wahren Künstlern leider ohne Happy End.

Montag, 12. Januar 2009

Deutscher Kunstexport

Die deutsche Malerei ist stark

So die Überschrift eines Artikels heute in der FAZ. Stark was? Stark peinlich? Stark dilettantisch?

Lassen wir uns überraschen, wie der Autor dies sieht.

Es geht um eine spanische Galerie, welche ein Programm zeigen soll, welches als jung und ehrgeizig beschrieben wird.
Gut zu wissen, dass die Künstler jung und ehrgeizig sind, aber über die Qualität der Kunst sagt dies natürlich nichts aus.

Wild Horses nennt sich die Ausstellung der deutschen Maler und soll einen Einblick in die Welt der Künstler liefern. Auf diese Welt bin ich gespannt. Wilde Pferde lässt Cowboys, Salon und Whiskey erwarten.
Das hört sich gut an. Da kommen zur Eröffnung viele Leute, die einen kostenlosen Drink erhoffen. Cleverer Marketingfuchs.

Weiter im Text.

Reduktionen

Ich erfahre gerade, dass die reduzierte Formensprache das aktuelle große Schlagwort ist. Gut, dann werde ich mir die Meisterwerke dieser Reduktionskünstler mal ansehen, sie sollen ja besonders stark sein.

Warte..

Au, Au, Au.

Meine Augen schmerzen. Was soll das wieder sein? Ich kann nichts, aber auch gar nichts erkennen, was nur eine Spur von malerischer Stärke und Schönheit zeigen würde.
Bin ich denn so blind? Meine Augen sehe nur Kindergartenniveau, simpelst nachmachbar (wobei ich niemandem empfehlen kann, seine Zeit damit zu verschwenden), reduktioniert bis zur Bedeutungslosigkeit.

Holzleiste für 16.000 Euro
Normal. Sie ist ja bemalt, das sind schon mal 6000 Euro. Dann hat der große Künstler sie auch noch frei schweben lassen. Nochmal 10000 Euro drauf, Materialkosten werden nicht berechnet. Zu diesem Schnäppchenpreis gibt es noch etwas ganz tiefgründiges spendiert.
Wie der Autor meint, eine
starke Senkrechte verbunden mit einer Horizontalen bildet eine filigrane Kreuzform
Das nenne ich Tiefgang, das provoziert. Kreuze ecken immer an. Da steckt Leiden hinter. Das Leiden des Künstlers? Wer weiß dies schon?

Düstere Aussichten
Noch mehr im Angebot.
Düster-farbige Gemälde sollen zu sehen sein. Mein Auge sieht jedoch nur ein paar besonders lustlos hingeschmiert dunkle Farbkleckse. Ich kann diesen Farbklecks stundenlang anschauen, aber mir gelingt es nicht, im Gegensatz zum Autor, einen schwarzen Diamanten zu erblicken, welcher uns frech aus der Leinwand kommend anlächelt. Ich kann auch beim besten Willen nicht erkennen, warum dieses mal für das bisschen Farbe, welche nach meiner Schätzung in einer Minute auf die Leinwand geschmiert wurde, 19300 Euro verlangt werden. Von den Tausendern für die bemalte Zeitung ganz zu schweigen.

Die restlichen Werke sind vom gleichen Kaliber. Der Autor bemüht sich sehr, diese schmackhaft zu machen. Dies hat aber aus meiner Sicht nichts, aber auch gar nichts mit der Qualität der Sachen zu tun, welche hier als Gemälde bezeichnet werden.

Kunstblabla
Jetzt folgt noch eine Lehrstunde des typischen Kunstblabla, um einen künstlerischen Wert vorzutäuschen:

besessen von Oberflächen
,
deren kreisförmige Farbsphären verheißungsvoll wirken
,
die sich mit geometrischen Formen auseinandersetzen
,
kräftige unverbrauchte Malweise
und so weiter, und so fort.

Wo sind die wilden Pferde?
Ich kann nicht mehr. Was das alles mit wilden Pferden zu tun haben soll, ist mir unbegreiflich.
Man kann den Künstlern (nach meinen Kriterien haben sie überhaupt nichts mit Kunst zu tun) nur wünschen, dass sie ein paar Erfolge in Spanien einheimsen, denn wenn sich wieder Qualität und Können auf dem Kunstmarkt durchsetzt, sehe ich schwarz für sie.

Berichtslos
Wer wirklich starke Werke von jungen Talenten sehen möchte, denn kann ich auf die gerade veröffentlichten Gewinner des diesjährigen ARC-Stipendium 2008 (und des kommenden ARC Salon 2008) verweisen. Aber leider wird in den deutschen Medien über wahre Kunst nicht berichtet. Schade :-(