Hamburger Kunsthalle - Teil 3
Studien des 19. Jahrhunderts
Heute möchte ich einige Studien aus dem 19. Jahrhundert vorstellen. Sie alle waren nie als eigenständige Bilder gedacht, sondern galten entweder als Fingerübung, zur Vorbereitung eines ausgeführten Gemäldes oder sie waren einfach nur ein schöner Zeitvertreib für die Künstler. Dass sie jemals in einem Museum dauerhaft ausgestellt werden, war für die Maler undenkbar.Moritz von Schwind (1804 - 1871):
Moritz von Schwind war bestimmt nicht der beste Maler seiner Generation, aber einer der beliebtesten. Seine Illustrationen zu den Märchen und Sagen deutscher Sprache waren in jedem Haushalt zu finden. Die unvollendete Studie war vielleicht als kleines Geschenk für seinen Lehrmeister Carolsfeld gedacht. Man kann gut den Entstehungsprozess solch eines Werks, mit Untermalung in Grisailles, erkennen.
Franz von Lenbach (1836 - 1904):
Dieses kleine Bild Lenbachs ist ein Pendant zu dem ähnlichen Bild des Hirtenjungen in der Schaak-Galerie (siehe hier). In jungen Jahren zog es den Malerfürsten oft in die Natur, wie die schöne Freilichtstudie einer Heuernte zeigt. Später war er eher ein malerischer Stubenhocker, der sich fast ausschließlich auf Porträts konzentrierte.
Johan Christian Clausen Dahl (1788 - 1857):
Eine typische Landschaftsstudie mahlte Dahl vom Neustädter Elbufer seiner Wahlheimat Dresden. Sie wird vielleicht an einem frühen Abend vor Ort selber entstanden sein.
Gotthardt Kuehl (1850 - 1915):
Von Gotthardt Kuehl sind viele Kirchen-Innenansichten erhalten. Welchen Status er den beiden Studien der Hamburger Kunsthalle beimaß, weiß ich nicht. Ich vermute, dass es Fingerübungen waren, denen kein größeres Gemälde folgte.
Gotthardt Kuehl - Innenansicht der St. Michaelis-Kirche in Hamburg (1890) |
Gotthardt Kuehl - Innenansicht der St. Katharinenkirche in Hamburg (1890) |
Adolph Menzel (1815 - 1905):
Menzel kann mit Fug und Recht als Großmeister der Studien angesehen werden. Diese wurden nach seinem Tod stapelweise in seinem Nachlass gefunden. Nur ausgewählten Freunden zeigte oder schenkte er mal hier und dort eine seiner kleinen Kostbarkeiten, aber für die Öffentlichkeit waren sie nicht bestimmt. Das Widersprach seinem Kunstverständnis, welches erst im detailvollendeten Gemälde seinen Sinn fand.
Adolph Menzel - Atelierwand (1872) |
Adolph Menzel - Aufbahrung der Märzgefallenen (1848) |
Adolph Menzel - Die Ruine des Nymphenbads im Dresdener Zwinger |
Camille Corot (1796 - 1875):
Menschen spielten in den Landschaftsgemälden Corots nur eine untergeordnete Rolle. In Studien war das jedoch ganz anders. Dort holt er sie gerne in den Mittelpunkt des Bildes. So auch in den beiden hier abgebildeten kleinen Werken, welche mit den verschiedensten Abstufungen der Farbe Braun spielen.
Camille Corot - Das Mädchen mit der Rose (um 1865) |
Wilhelm Kaulbach (1805 - 1874):
Freundschaftsbilder von Malerkollegen waren im 19. Jahrhundert sehr beliebt und gehörten zum Beispiel bei den Düsseldorfern des Schadow-Umkreises zum Pflichtprogramm. Da Kaulbach an der Hochschule dort studierte, ist es kein Wunder, dass er die Tradition übernahm. Diese Studie scheint aber eher eine Vorstudie zu einem großen Gemälde und kein typisches, zweckfreies Freundschaftsbild zu sein.
Sammelsurium des 19. Jahrhundert
Bevor wir im nächsten Bericht zum Makart-Saal kommen, hier noch ein paar schöne Bilder, welche nicht ganz in die vorherigen Kategorien passen.
Eines der berühmtesten Gemälde des 19. Jahrhunderts ist das Porträt Goethes von Tischbein. Seine Bilder sind in der Regel zu klassizistisch steif komponiert. Dem Kinderbildnis der zukünftigen Hamburger Bürgermeisterfrau kann man das aber nicht vorwerfen. Es hat einen lieblichen Charme und ist technisch hochwertig umgesetzt.
Vom vielleicht besten deutschen Architekturmaler des 19. Jahrhunderts ist eine Berliner Stadtansicht in der Kunsthalle ausgestellt, welche im Detail den damaligen Straßenzustand widerspiegelt. Der Rahmen ist übrigens einer der schönsten der Sammlung, wie ich finde.
Eduard Gaertner - Blick auf das Kronprinzenpalais und das Königliche Schloss von der Neuen Wache aus (1849) |
Schroedter war bekannt für seine humoristischen Darstellungen, in denen er gerne den ein oder anderen aufs Korn nahm. Die Geschichten des Münchhausen sind für ihn ein gefundenes Fressen. Der Lügenbaron zieht mit seiner Erzählung alle Blicke auf sich. Technisch ist der Lichtschein der Lampe meisterhaft umgesetzt.
Die Gemälde von Carl Spitzweg sind zeitlos. An den kleinen Anekdoten, skurrilen Personen oder heiteren Gesellschaften kann man sich auch heute noch erfreuen. Der Einsiedler war ein gerne verwendetes Thema Spitzwegs und die Neuland erobernden Touristen haben nichts an Aktualität verloren.
Carl Spitzweg - Einsiedler im Gebirge
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Schmitson war ein österreichischer Tiermaler, der schon in jungen Jahren an einer schweren Nierenkrankheit verstarb. Überraschenderweise gibt es von ihm keinen Wikipedia-Eintrag. Dabei ist sein Leben, wie man dem Link oben entnehmen kann, gut dokumentiert. Die wenigen Bilder, welche man online von Schmitson findet, als auch das Hamburger Gemälde, deuten auf einen talentierten Maler hin, der sich autodidaktisch bildetet.
Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts gehört es für die oberen Zehntausend zum schicken Ton, einmal vom Münchener Malerfürsten porträtiert worden zu sein. Nach Hamburg hat es ein Bild Franz Lists geschafft. Lenbach-typisch werden, trotz ihrer großen Bedeutung für den Komponisten, die Hände überhaupt nicht beachtet.
Oppenheim malte den zwei Jahre älteren Heinrich Heine in dem Jahr der Auswanderung des Dichters nach Paris. Angst scheint er keine vor der ungewissen Zukunft, die vor ihm liegt, zu haben. Er schaut uns selbstbewusst und direkt an. Man fühlt sich vor dem Bild eher als Objekt der Betrachtung, denn als Betrachtender. Ob die beiden Männer Freunde waren, vielleicht aufgrund ihrer gemeinsamen jüdischen Herkunft, kann ich leider nicht sagen.
Leibl war nicht mit dem großen Talent eines Anton von Werner gesegnet, sondern musste seine Erfolge hart erarbeiten. Die Schwierigkeiten bei der Komposition von Gemälden konnte er nie ablegen, die saubere Perspektive war ein ewiger Kampf. Aber der urwüchsige Rheinländer gab nicht auf. So arbeitete er über drei Jahre an dem in der Kunsthalle ausgestellten berühmten Gemälde der drei Frauen in der Kirche, bis er auch mit der letzten kleinen Ader zufrieden war.
Wilhelm Leibl - Drei Frauen in der Kirche (1778 - 1881) |
Von Böcklin sind drei ausgezeichnete Gemälde im Museum ausgestellt. Zwei persönliche Porträts (Selbstbildnis und ein Verwandter) und die mythische Prozession zu einem heiligen Hain, ein Meisterwerk der symbolistischen Malerei.
Arnold Böcklin - Augusto Fratellei, ein Vetter der Frau (um 1864)
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Arnold Böcklin - Selbstbildnis (1873)
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Dante Gabriel Rossetti (1828 - 1882):
Rossetti war Dichter, Maler und führender Kopf der Präraffaeliten. Seine Bilder können technisch nicht mit denen Millais mithalten und meinem Geschmack treffen sie nicht ganz. Aber seinen verträumten, sinnlichen Frauen ist ein gewisser Reiz nicht abzusprechen. Die hier abgebildete Fanny Cornforth war ein Geliebte des Künstlers und auf vielen Werken zu sehen. Ihre Hände sind besonders gut gelungen.
Dante Gabriel Rossetti - Helena von Troja (1863) |
Ernest Meissonier (1815 - 1891):
Ende der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts war Meissonier der weltweit gefragteste zeitgenössische Maler. Sein Alleinstellungsmerkmal waren die kleinformatigen Bilder mit tausend Details. Die Kunsthalle besitzt mindestens eine Studie und zwei solcher Meisterwerke der Miniaturmalerei. Die Rahmen der Bilder sind teilweise größer als das Gemälde selber. Eine Besonderheit, die man nicht jeden Tag sieht.
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