Anton von Werner (Teil 3)
In den folgenden Abschnitten wird dies anhand von Werners Memoiren "Erlebnisse und Eindrücke 1870-1889" dargestellt. Dieses Werk bietet einen einzigartigen Einblick in die Kunst- und Zeitgeschichte dieser Jahre. Die prächtige Publikation ist klar strukturiert, reich bebildert und mit einem zuverlässigen Personenverzeichnis versehen.
Viele der darin enthaltenen Bilder zeigen eine andere Seite des Künstlers, der vor allem durch seine chronistischen Gemälde berühmt wurde – für manche jedoch in einem kontroversen Licht stand. Das Buch versammelt unzählige Skizzen, Zeichnungen und Aquarelle, die als Vorbereitung für Aufträge, aber auch für den Freundeskreis oder zum privaten Vergnügen entstanden sind. Sie zeugen von den brillanten Fähigkeiten eines Meisters des 19. Jahrhunderts, der spielend die Bandbreite der Malerei abdeckte. Selbst Alltagsszenen, oft als Domäne der Impressionisten angesehen, erfasst Werner mit beeindruckender Lebendigkeit und Detailgenauigkeit.
Da ich Anton von Werner sympathisch und faszinierend finde und als einen der Großen der Malerei ansehe, ist der folgende Bericht viel zu ausführlich geraten für einen Blog. Aber den Blick hinter die bekannte Fassade der Hauptakteure der damaligen Zeit, ihre Äußerungen und Eigenarten, konnte ich einfach nicht fallen lassen.
1869-1870
Zurück in der Heimat
Seine Reisezeit in Frankreich und Italien war beendet und Anton von Werner zog es 1869 wieder ins winterliche Karlsruhe zu seiner künftigen Frau und seinen Freunden.
Illustrationen für den 'Trompeter von Säckingen', zwei Ölbilder, 'Don Quixote bei den Ziegenhirten'
und 'Irregang' und die Fortführung der schon in Rom begonnenen Vorarbeiten für die Wandgemälde des Kieler Gymnasiums standen an.
Die preußische Regierung erteilte ihm den Auftrag zu den halbrunden Wandgemälden 'Luther vor dem Reichstag in Worms'
und 'Die nationale Erhebung von 1813'.
Nachdem die Vorarbeiten - Kartons und Farbskizzen, beendet waren, reiste er in den ersten Julitagen 1870 mit seinem damaligen Schüler G. Urlaub nach Kiel. Die Wandgemälde wurden in Wachsfarbe umgesetzt.
In diesen für von Werner glücklichen, arbeitsreichen Tagen trat das Ereignis ein, welches die deutsche Geschichte in kurzer Zeit komplett neu schreiben sollte.
Die Nachricht der Kriegserklärung Frankreichs erreichte Anton von Werner bei der Arbeit an dem Kopf Luthers. Die direkten Auswirkungen waren in Kiel nicht sehr groß, deshalb näherten sich die Arbeiten an dem Wandgemälde zügig dem Ende.
Auf zur Front
Die Meldungen von der Front sorgten im ganzen Lande für große Euphorie. Da wollte auch der junge Maler nicht fehlen, da man wie 1866 mit einem schnellen Sieg der preußischen Armee rechnetet. So kam der Auftrag des Schleswig-Holsteinischen Kunstverein zu einem Gemälde 'General Moltke vor Paris' mehr als gelegen.
Dieser Auftrag war die erwünschte Veranlassung zur Begründung meines Gesuches, mich in das Zentrum der kriegerischen Ereignisse zu begeben.Also ging es bald darauf von Karlsruhe aus Richtung Kriegsschauplatz. Mit einem Empfehlungsschreiben ausgestattet von der Großherzogin von Baden für den Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, dem Führer der 3. Armee, standen dem keine größeren Hindernisse mehr im Weg.
Es ging über das zerschossene Straßburg, welches vor neugierigen Touristen nur so wimmelte, Richtung Paris.
Anton von Werner hatte das Glück, sich aufgrund seines Empfehlungsschreiben einer Proviantkolonne bis kurz vor Versailles anzuschließen zu dürfen.
Neben einfachsten Unterkünften mit Schlafmatte auf dem Boden übernachte der Künstler aber auch in feinen Landhäusern, so einem schönen Schlösschen in Brunoy.
Die dort erlebten Eindrücke führten Jahre später unter anderem zu dem Gemälde 'Im Etappenquartier vor Paris' aus dem Jahre 1894.
Bei der 3. Armee
In Hauptquartier der 3. Armee angekommen, begann er rasch mit seiner eigentlich Arbeit. Erste Studien und Entwürfe wurden für das Moltkebild ausgeführt. Im Rahmen dieser Arbeiten lernte von Werner den Kronprinzen Friedrich Wilhelm und den legendären Generalfeldmarschall Moltke näher kennen. Mit diesem verband ihn bald eine freundschaftliche Beziehung.
Moltke, als schweigsam verrufen, war während der Sitzungen und im privaten Gespräch manches Mal ein kunstinteressierter Gesprächspartner. Neben den offiziellen Studien malte der Künstler von ihm noch ein weiteres kleines Bild, 'Moltke in seinem Arbeitszimmer zu Versailles', welches 1872 in der Berliner Ausstellung gezeigt wurde.
Die folgenden Wochen werden, außer dem gelegentlichen Donnerhall der Kanonen, als relativ unberührt vom Kriegsgeschehen beschrieben.
Das Hauptquartier war eine kleine, heile Welt.
Die Auswüchse und Gräuel solch einer Besatzung werden nur ganz am Rande im Zusammenhang mit dem General der Infanterie, Jakob von Hartmann, erwähnt.
Im Billardzimmer seines Quartiers hing eine Reihe Bilder von Boulanger aus dem Leben des Marschalls Pelissier, die der General aus den Händen seiner Soldaten vom Feuertode gerettet hatte.
Werner traf in Versailles auf viele alte Bekannte, wie die Schlachtenmaler Georg Bleibtreu und Feodor Dietz, oder seinen Freund Ludwig Pietsch, der als Korrespondent vom Geschehen berichtete.
Ein kleine witzige Geschichte bezüglich Feodor Dietz sei hier zitiert:
Herzog Ernst II von Coburg...wünschte, dass Bleibtreu ihn malen sollte, wie er in der Schlacht bei Wörth sein Coburger Regiment, die 95er, begrüßte, eine Szene, die aber in Wirklichkeit nie stattgefunden hatte. Bleibtreu lehnte deshalb die Aufgabe ab und ich, als sich der Herzog deshalb an mich wandte, auch, und er seufzte: "Ja, ja, wenn jetzt Feodor Dietz hier wäre, der würde das schon machen!" Dieser hatte ihn schon 1849 hoch zur Roß bei der Beschießung des Christan VII und der Gesion dargestellt, wo er aber nicht gewesen sein soll, wie Bleibtreu sagte.Arbeiten in Karlsruhe
Die Vorarbeiten für das Moltkebild waren abgeschlossen und so ging es Ende November zurück Richtung Karlsruhe. Eine inoffizielle Nachfrage zur Nachfolge Professor Schroedter an die Akademie lehnte er in weiser Voraussicht ab, da noch ein weiterer Preuße in Karlsruhe unerwünscht war.
Über Langweile konnte Anton von Werner trotzdem nicht klagen. Schon prasselte der nächste große Auftrag auf ihn nieder. Der preußische Minister Mühler (genau der, der Hübner ins Handwerk pfuschte. Um es vorweg zu nehmen, bei Werner hielt er sich zurück...) erteilte ihm Ende 1870 den Auftrag zu einem monumentalen Gemälde zur Ankunft Kaiser Wilhelms in Saarbrücken.
1871
In geheimer Mission
Doch das Schicksal hatte Größeres für von Werner vorgesehen. Am 15. Januar 1871 erreichte ihn ein geheimnisvolles Schreiben des Hofmarschalls August zu Eulenburg:
Geschichtsmaler v Werner, Karlsruhe. S.K.H der Kronprinz läßt Ihnen Sagen, daß Sie hier Etwas Ihres Pinsels Würdiges erleben würden, wenn Sie vor dem 18. Januar hier eintreffen können.
Ein verlockendes Angebot, welches kein deutscher Maler hätte ablehnen können und zum Glück dem Besten von Ihnen zuteil wurde.
Eingepfercht in einer vollbesetzten Postkutsche ging es eiligst zurück nach Paris. Dort waren all die bedeutenden Generäle und Offiziere des siegreichen Krieges anwesend. Und ein Zivilist, der eigentlich nichts dort zu suchen hatte, wie sein späterer Freund und Gönner, Hofmarschall Friedrich Graf von Perponcher-Sedlnitzky meinte.
Undankbare Aufgabe
Was er hier sollte, das dämmerte nun auch Anton von Werner. Nichts weniger als die Proklamierung des Deutschen Kaiserreichs wurde gefeiert. Aus Sicht Anton von Werners ein wenig malerisches Geschehen, welches ihn jedoch in den folgenden Tagen, Wochen und Jahren ausgiebig beschäftigten sollte.
Vor Ort fertigte er endlose Notizen, Skizzen und Studien der Räumlichkeiten, Zeichnungen der Kleider und beteiligten Personen an.
Diese Art der chronistischen Malerei war ganz anders, als alles, was er bisher geschaffen hatte. Seine künstlerische Freiheit war begrenzt und er berichtet von den damit zusammenhängenden Problemen und Schwierigkeiten dieser wenig dankbaren Aufgabe:
Ich empfand.., daß es doch etwas anderes sei, einen historischen Vorgang, dem man beigewohnt hat, im Bilde zu verarbeiten, als ein nur nach malerischen Grundsätzen aufgebautes Bild aus dem Inneren heraus ohne äußeren Zwang zu schaffen...Die Offiziere standen im Saale dicht gedrängt...Nichts von den phantastisch lebhaften Gebärden, die der Maler gewöhnlich braucht, um in solchen Fällen Enthusiasmus auszudrücken...Hier sollten nun Schwierigkeiten bewältigt werden, wie gegebene Kostüme, deren Lokalfarbe nicht willkürlich zu ändern war...Gleiche Probleme gab es bei der Zeichnung des Saals. Er konnte nur eine kleine Aquarellskizze, ein paar Details und Messungen durchführen. Grund war, dass der Saal schon ein paar Tagen nach der Kaiserproklamation als Lazarett umgebaut wurde und das Gestöhne der Verwundeten nicht auszuhalten war. Als er einige Jahre später das Versäumte in Versailles nachholen wollte, war das Zeichen im Spiegelsaal für ihn verboten.
und ich musste eine große Menge von Porträtstudien machen, noch ehe es möglich war zu bestimmen, ob sie auch gerade so und in der Pose in dem zu schaffenden Bilde zu verwenden waren.
Französische Künstler
Ein trauriges Ereignis für Anton von Werner war die Nachricht des Todes des ihm aus Rom bekannten, hochgeschätzten Maler Henri Regnault in einem der vielen Gefechte vor Paris
Henri Regnault war der bedeutendste unter den damaligen jüngeren französischen Künstlern, mit einer glänzenden Zukunft vor sich...Während der Belagerung von Paris war er in eines der nur oberflächlich militärisch ausgebildeten Freiwilligen-Bataillone eingetreten, hatte sich beim Rückzug der französischen Truppen ganz unnötig exponiert und war einer preußischen Kugel zum Opfer gefallen.
Eine kleine Geschichte mit Jean-Léon Gérôme sei hier auch nicht unerwähnt. Der große französische Künstler wandte sich an den für sein Entgegenkommen auch bei den Franzosen bekannten Kronprinzen mit der Bitte,
aus seinem irgendwo innerhalb unserer Linien gelegenen Atelier seien Studien und Skizzen zu retten, was der Kronprinz, soweit möglich, auch veranlasst hat.
Auch an von Werner wandten sich französischen Künstler. So wurde das Atelier von Thomas Coutures von der Militär-Verwaltung als Schneiderei und Schusterei genutzt. Dies war dem Künstler natürlich nicht recht.
Ich brachte sein Gesuch dem General v. Blumenthal vor, der zwar lachte und sagte: "Wenn die Franzosen nach Berlin kämen, würden Sie es mit Ihrem Atelier gewiß nicht anders machen.", aber nach einigen Tagen war zum Glücke Coutures doch ein geeigneteres Gebäude gefunden.Seit dem Waffenstillstand waren viele Gebiete nun auch für die Künstler zugänglich.
... und es bot sich so viel des Malerischen... daß ich nur bedauern mußte, nicht alles skizzieren zu können.Studien vor Ort
Die Kapitulation Frankreichs beendete den Krieg und in Folge dessen zogen die deutschen Truppen, in Anlehnung an Napoleons Einzug in Berlin, zur Parade in die Hauptstadt Paris auf dem Longchamps ein.
Anton von Werner nutze die noch verbleibende Zeit, möglichst viele der bei der Kaiserproklamation Anwesenden zu porträtieren. Die Abende waren gefüllt mit Dinner, Empfängen und Musik. Werner, falls es die Situation erlaubte, mit seinem Cello beteiligt. Mit gewissen musikalischen Talent ausgestattet soll er, laut eigener Aussage, auch mit Geige und Bratsche keine schlechte Figur abgegeben haben.
Umzug befohlen!
Für seine Zukunft wegweisendes wurde unterdessen vom Kronprinz Friedrich Wilhelm beschlossen.
Sobald Sie nach Berlin kommen, sehen Sie sich im Schloß den besten Raum für ein derartiges Bild an und malen es für diesen Raum. (Kronprinz)So war der noch offene Umzug wie selbstverständlich durch den Kronprinz entschieden.
Bei der Heimreise nach Karlsruhe erfährt er von seinem Reisepartner, dem Großherzog von Baden, interessantes über den Badenser Maler Anselm Feuerbach. Der Großherzog wollte diesen gerne an die Karlsruher Akademie holen, aber, anders als in Feuerbachs Memoiren 'Vermächtnis' scheint das Problem weniger an den Umständen, denn an Feuerbach selber gelegen zu haben.
...wenn seine Friedensbedingungen, wie der Großherzog lächelnd bemerkte, nur nicht gar zu harte gewesen wären.Beispielsweise forderte Feuerbach die Entlassung aller nicht badischen Künstler wie Carl Friedrich Lessing und Adoph Schroedter, als auch, dass er zu keinerlei Gegenleistung, wie Unterricht erteilen oder dergleichen, verpflichtet wäre.
Privat in Berlin
Im weiteren Verlauf des Jahres 1871 bereitete von Werner den Umzug nach Berlin vor. Die Einrichtung des neuen Hauses und seines Ateliers musste voran getrieben werden.
Zeit zum Knüpfen private Kontakte bestand natürlich trotzdem. Ein Besuch beim Kronprinzen und seiner künstlerisch talentierten Frau festigte die Freundschaft zwischen ihnen dauerhaft. So beschreibt Anton von Werner eine Situation, bei der er mit dem Kronprinzen auf dem Boden robbte, um die Zeichnungen und Aquarelle seiner Frau zu begutachten. Deshalb kam es nicht von ungefähr, dass Jahre später die Kronprinzessin Taufzeugin bei der Geburt von Werners erstem Sohn war.
Das die Kronprinzessin Victoria künstlerisch begabt war, erwähnt von Werner mehrfach.
So ist auch eine kleine Bleistiftskizze in dem Buch abgebildet, welches dies veranschaulichen soll:
Vor dem Proklamationsbild, welches als Überraschungsgeschenk für Kaiser Wilhelm I zu dessen 80 Geburtstag (1877) gedacht war und noch offiziell genehmigt werden musste, war die Vollendung der beiden Moltkebilder und weitere Illustrationen zu Scheffels Trompeter von Säckingen an der Reihe.
Einzug in Berlin
Zum großen feierlichen Einzug der siegreichen Truppen in Berlin sollten fünf große Velarien (Leinwandtücher) zur Preisung der deutschen Nation, symbolisiert durch die Germania, gemalt werden. Anton von Werner übernahm das größte (20 Fuß zu 18 Fuß) 'Deutschlands Kampf gegen Frankreich' der fünf Velarien. In der unglaublichen kurzen Zeit von nicht mal zwei Wochen, aus Zeitgründen ohne jegliche Modellstudien, zauberte der brillante Künstler dieses große Bild aus dem Hut. Vom langweiligen, uninspirierten Chronisten, wie von Werner von blinden Laien heutzutage öfter denunziert wird, kann keine Rede sein. Das kann nur ein großer Meister seines Fachs leisten.
... und ganz besonders wurde es angestaunt, daß ich mein Bild mit Benutzung der Laufleiter malte, an die ich von meiner Stubenmaler-Lehrzeit her gewöhnt warNicht nur wegen dieser viel bewunderten Aktion kam Anton von Werner trotz längeren Abwesenheit von Berlin in engen, freundschaftlichen Kontakt mit vielen der alteingesessenen Künstler. Die Maler Adolph Menzel, Friedrich Eduard Meyerheim und Paul Meyerheim, Wilhelm Gentz, Georg Bleibtreu, Gustav Richter, Carl Becker oder die Bildhauer Friedrich Drake und Albert Wolff standen im regen Kontakt mit dem umgänglichen von Werner.
Trauung
Die Trauung in Erlenbad mit seiner Verlobten, der Tochter Adolf Schroedter, stand an. Als ihre Trauzeugen waren Carl Friedrich Lessing, Hans Gude und Josef V. Scheffel auserkoren.
Die Hochzeitsreise führte das frisch vermählte Paar nach Italien.
Problemfall Siegessäule
Zurück in Berlin trudelte Ende 1871 schon der nächste große Auftrag für Anton von Werner ein. Er sollte für den Erbauer der Siegessäule, Hofbaurat Heinrich Strack, einen Entwurf für ein den Kern der Siegessäule umringendes Fries malen.
Als Motiv hatte der Kaiser "Die Rückwirkung des Kampfes gegen Frankreich auf die Einigung Deutschlands" bestimmt.
Daß die Aufgabe, auf der zylindrischen, von der Säulenhalle umgebenen, hinter den Säulen sichtbaren Fläche des unteren Teiles der Siegessäule ein stets nur1872
nur unvollkommen erscheinendes Bild zu malen, für den Maler, schon vom technischen Gesichtspunkte aus, eine überaus verlockende gewesen wäre, läßt sich nicht behaupten, ebensowenig wie die malerische Darstellung des vom Kaiser verlangten. Doch ... ich ging mit jugendlicher Begeisterung an die Arbeit.
Das Jahr 1872 ging arbeitsreich weiter. Ein vom Kronprinzen gefordertes Aquarell zur Feier des hohen Ordens vom Schwarzen Adler musste erstellt werden.
Kaiser und sein Untertan
Das nicht immer alles so glatt lief wie bisher, zeigt eine Episode bezüglich des Siegesdenkmalfries.
Anton von Werners erste Entwürfe, welche wiederum die volle Zustimmung des früher erwähnten Kultusministers Mühler fanden, wurden dem Kaiser zur Begutachtung vorgelegt. Er war mit gewissen Details unzufrieden.
Werner reichte daraufhin eine Beschreibung seiner Ideen ein. Der Kaiser war noch
immer nicht zufrieden und forderte Änderungen. Von Werner gab darauf hin zeitweise die Arbeit ganz ab, weil er seine künstlerische Freiheit zu weit eingeschränkt sah.
Aber es geht nicht, daß man dem Kaiser so ohne weiteres einen Korb gibt.Auf Vermittlung seines Gönners, des Großherzogs von Baden, der gleichzeitig Schwiegersohn des Kaisers war, kam jedoch ein für alle Seiten akzeptabler Kompromiss zustande.
Der Kaiser erschien ohne Adjutanten, ganz allein...Der Kaiser begrüßte mich in der ihm eigenen schalkhaft-liebenswürdigen Weise lächelnd mit den Worten: "Nun, wir haben einige kleine Differenzen miteinander, wollen mal sehen, ob wir uns einigen können."Doch das war nicht nötig, da nach einigem hin und her letztendlich beide Seiten zufrieden waren.
Ich weiß nicht, ob der Leser es sich deutlich vorstellen kann, wie mir, dem
jugendlichen Anfänger, gegenüber dem fast 80 jährigen Heldengreis bei dieser Anrede zumute war, und wie ich am liebsten gesagt hätte: "Euer Majestät Liebenswürdigkeit ist zu siegreich! Ich male alles, was Sie wollen, - selbst wenn es der größte Unsinn wäre!
Einfallsreichtum und Geschick
Diese Mammutaufgabe forderte natürlich in den nächsten Monaten seine ganze Kraft, Können und Einfallsreichtum. Und das nicht nur rein malerisch:
...die 75 Fuß lange Leinwand für den Siegesdenkmalfries in meinem Atelier vor dem Proklamierungsbilde, daß 25 Fuß breit und 14 Fuß hoch war, aufstellen. Es geschah, da mein Atelier am Karlsbad 21 hoch nicht groß genug war, um einer solchen Fläche Raum zu bieten derart, daß das Bild auf zwei Walzen rechts und links aufgerollt wurde und jedesmal, wenn ich mit der Fläche von 25 Fuß fertig war, diese nach links weiter auf die linke Walze gerollt und von der rechten Walze die unbemalte Leinwand herausgezogen wurde.Die später auch umgesetzte Idee von Werner war, dass das Siegesdenkmalfries auf Mosaik ausgeführt wurde, da dies das einzig witterungsbeständige Medium ist. Und er hat recht behalten. So erstrahlt der Fries heute noch in vollem Glanz. In den nächsten Wochen standen jeweils 12 Stunden Arbeitstage ohne Mittagspause an und so kam es nicht überraschend, dass er völlig ausgebrannt und urlaubsreif zur Erholung nach Kiel fuhr.
Professur abgelehnt
In diesem Jahr wurde dem aufstrebenden Superstar mal wieder eine Professorenstelle angeboten. Früher in Karlsruhe, nun Weimar. Aber er sah sich noch als Lernender, nicht als Lehrer. Von der mangelnden Zeit ganz zu schweigen. So war noch eine Tuchzeichnung zum Dürerfest des Vereins Berliner Künstler samt Festprogramm als Lithographie abzuliefern.
1873
Nicht nur Tusch und Bleistiftzeichnungen, Aquarelle, kleine und große Ölgemälde, Velarien, Wandgemälde und Friesgemälde beherrschte der große Meister.
Dekorateur
Anfang 1873 tobte er sich in seinem neuen Heim als Innenausstatter und Dekorations-Maler aus. Dass er auch dies mit großen Können und viel Liebe umsetze, war selbstverständlich.
Im Kinderzimmer malte ich en grisaille die drei Märchen vom Aschenputtel, Dornröschen und Schneewittchen an die Wand in romanischen Bogenstellungen, die Decke blau mit goldener Sonne und Sternen, so daß die Kinder von ihren Wiegen aus immer die Bilder und das Himmelszelt vor Augen hatten.Seine Kleinen werden sich mit Sicherheit wohlgefühlt haben.
Die dekorative Malereien führte er in der Folge auch in anderen Häusern aus, manchmal gemeinsam mit seinen Atelierschülern oder Kollegen. Vom heute zerstörten Cafe Bauer wird noch die Rede sein.
Berliner Gesellschaft
Zu dieser Zeit ging nicht nur Anton von Werner in den Kreisen der Hofgesellschaft ein und aus. Auch Adolph Menzel, Oskar Begas, Albert Hertel oder Paul Meyerheim waren häufig gesehen Gäste.
Das Salonleben blühte. Das Haus des Kronprinzen wechselte mit dem Salon der Gräfin Schleinitz, dem Helmholtzen Salon oder den Abenden in dem Rathschen Haus ab. Es bestand ein sehr enger Kontakt zwischen den bildenden Künstlern, den Musikern, Theaterleuten oder den Gelehrten wie Rudolf Virchow und Herrmann Helmholtz. Auch Offiziere wie Moltke nahmen gelegentlich die Einladungen an, so bei einem Herrendiner im Hause von Werners zu Ehren Andreas Achenbachs, bei dem neben anderen auch Reinhold Begas, Gustav Richter, Wilhelm Gentz und Paul Meyerheim zu Gast waren.
Da mit Rücksicht auf Moltke keinerlei Reden gehalten wurden, so bereitete es allgemeine Überraschung, als der große Schweiger sich plötzlich erhob und mit verbindlicher Verneigung gegen Achenbach und die anwesenden Künstler gewandt, den kurzen Trinkspruch ausbrachte: "Meine Herren, ich trinke auf das Wohl derer deren Werke reden."Bei den Musikabenden war nicht nur Werner beteiligt, sondern
so vor allem Professor C.Becker als temperamentvoller Violinspieler, Reinhold Begas und Paul Meyerheim als wohlgschulte Cellospieler, Albert Hertel war ein Sänger mit prächtiger Stimme und urwüchsiger dramatischer Kraft begabt, auch Oskar Begas und Gußmann-Hellborn spielten Geige und Bratsche.An anderer Stelle werden noch anderer Maler erwähnt, die regelmäßig an diesen Abenden teilnahmen. E. Teschendorff, Albert Begas, Ludwig Knaus oder Heinrich von Angeli als Sänger.
Eine der wenigen öffentlichen Auftritt der Künstlerschar war auch von Kaiser Wilhelm und seiner Gemahlin besucht worden.
Willst du den Herren nicht auch etwas Freundliches sagen?" worauf der Kaiser lächelnd erwiderte: "Ich verstehe zwar nichts davon, aber ich freue mich, daß die Herren vom Pinsel auch so gut mit dem Bogen umzugehen wissen."Das Ereignis des Jahres der Berliner Gesellschaft waren immer die Hofbälle mit bis zu 1700 Personen. Dieses sehr malerische Ereignis war bestimmt für den gekonnten Pinsel Anton von Werner.
... ich versuchte häufig, wenn ich vom Hofball nach Hause kam, diese oder jene Eindrücke in Federzeichnungen festzuhalten... Ich habe später drei kleine Bilder als Ergebnis dieser Eindrücke gemalt,..., was mir anscheinend den Ruf als "Höfling und Wadenstrümpler"... eingetragen hat.Das gesellige Leben war wichtiger Teil des Vereins Berliner Künstler, der jedem Kunstinteressierten offen stand. Ähnlich wie viele anderen Kunstvereine (siehe Düsseldorfer Verhältnisse) waren Musikabende und kleine und große Feste mit lebenden Bildern und Umzügen regelmäßig auf der Tagesordnung. Beispiele sind das Dürerfest im Winter 1872 oder den von Werner organisierten Karneval von Venedig des Jahres 1873.
Weltausstellung Wien
Höhepunkt des Jahres 1873 war neben der angebotenen Direktorenstelle der Akademie, welche Werner, trotz einiger Zweifel aufgrund seiner früheren Berliner Erfahrung als Studierender, im Jahre 1875 offiziell antrat, die Weltausstellung in Wien.
Die Stadt, die Werner das erste Mal bereiste, machte einen großen Eindruck auf ihn. Er durfte selber zwei Bilder zur Ausstellung senden. Von seinen Mitstreitern beeindruckten ihn vor allem zwei Gemälde stark.
Eines von Ernest Meissonier, so wie 1867 auf der Weltausstellung in Paris und eines von Hans Makart.
"Meissoniers Bild "1807", das mir als die meisterhafteste künstlerische Tätigkeit der ganzen Ausstellung und als das Vollendetste erschien, was sich vermittels der Kunst über Napoleon und sein Heer überhaupt sagen ließ, und Hans Makarts "Katharina Cornaro".
Makart, den er 1869 in Rom als schweigsamen Künstler kennengelernt hatte, scheint in Werners Augen erst hier in voller Pracht. Voller Respekt und Begeisterung berichtet er von seinem großen Künstlerkollegen und seiner etwas anderen (im Vergleich zu von Werner) Herangehensweise an die Malerei:
...hier aber erschien er mir erst als ein gottbegnadeter Künstler, dem das Malen angeboren war, und der ohne viel Grübeln mit spielender Leichtigkeit all jene glutvollen Farbensymphonien zu Schaffen vermochte, die vor allem das lebensfrohe Wien in einem Taumel von Entzücken versetzten, und die ich mir nur denken kann als Dekoration prächtiger farbiger Prunkgemächer, wo zum Klange heiterer Lieder die Gläser klingen, Prachtgewänder schöner Damen rauschen und Gott Amor sein neckisch-verwegenes Spiel treibt. Um den inneren Gehalt seiner Schöpfungen, um Gedanken machte sich Makart - soweit ich ihn persönlich kennen gelernt habe - keine Sorgen, sein Denken und Empfinden war darauf gerichtet, aber ganz unbewußt, unser Dasein durch künstlerischen Schmuck zu verschönern, und wegen der historischen Richtigkeit seiner Bilder mit historischem Titel hat er gewiß keine schlaflosen Nächte gehabt.Geiziger Moltke
Ende des Jahres 1873 konnte Anton von Werner die Illustrationen zu Scheffels 'Trompeter von Säckingen' abschließen und begann zwei neue Gemälde, welche erst im folgenden Jahr abgeschlossen wurden.
Zum einen eine Familie, welche bei einem Mittagsmahl mit Martin Luther in Kostümen der Reformationszeit abgebildet werden wollte. Ein Bild in der Tradition der Auftraggeber trifft historische Gestalten Bilder.
Und, wie schon so oft in den letzten Jahren, ein Moltke-Gemälde.
Moltke wird in diesem Zusammenhang sympathisch, aber leicht verschroben von unserem Künstler beschrieben:
Kaiser Alexander II von Russland hatte Moltke nach dem Kriege zum rußischen Feldmarschall ernannt und dieser mußte sich nun für den Feldmarschschallsaal im Kaiserschlosse an der Reva in ganzer Figur malen lassen, was dem gar nicht eitlen, aber sparsamen alten Herren, dem die Ausgaben für die russische Uniform schon unangenehm genug gewesen waren, gar keine Freude machte. Er war während der geduldig ertragenen Porträtsitzungen auch durchaus nicht schweigsam, sonder murrte vernehmlich darüber.
1874
Angehender Direktor
Die Berliner Akademie brachte zwar einige große Künstler hervor, aber die Zustände waren, im Gegensatz zu Karlsruhe, Weimar oder München, nach Ansicht Anton von Werners und anderer Maler, wenig zeitgemäß und zukunftsweisend. Die Ausbildung soll tiefgründiger und umfassender werden, das gesamte Umfeld mit professioneller Ausstattung und besser Organisation auf die Höhe der Zeit gehoben werden. An diesen Diskussionen im privaten Kreise waren nicht nur die Berliner Künstler wie Werner, Menzel, Richter oder Becker beteiligt, sondern auch Carl Friedrich Lessing aus Karlsruhe oder Julius Hübner aus Dresden.
Als Direktor der Akademie sollte Anton von Werner diese Professionalisierung später, auch gegen viele Widerstände und mit Kompromissen gespickt, umsetzen.
Sein Ziel war es, den Schülern all das zu vermitteln, was erlernbar war. Also eine umfassende handwerkliche und fachwissenschaftliche Ausbildung. So führte er später unter anderem einen Kurs für die Freilichtmalerei und einen für Ornamentik ein. Die Ornamentik lag ihm besonders am Herzen, da sie sein Steckenpferd während seiner Ausbildung als Stubenmaler war. Die weisen Worte Anton von Werners seinen jedem jungen Künstler ans Herz gelegt:
Für die Malerei waren mit dem Ende des achtzehnten oder Anfang des neunzehnten Jahrhunderts die bis dahin noch bekannten Werkstatt-Traditionen - akademische Rezepte und Schablonen, wie sie törichterweise von denen genannt werden, die keine Ahnung davon haben, was in der Kunst überhaupt gelehrt werden kann - verloren gegangen, und sie mußten wieder gefunden oder dafür Ersatz geschaffen werden. Der Schüler will und muß zunächst lernen, wie es gemacht wird, das war in den Meisterateliers von Rafael und Rubens genau so wie in den alten Zünften und Gilden, und dazu gehören zu seinem eigenen Besten Zwang, Regeln und Rezepte. Mit seiner Individualität, der Freiheit der Kunst, mit Realismus und Idealismus hat das nicht das Geringste zu tun, es handelt sich einfach um das Erlernbare.
Mitte des Jahres 1874 waren die Arbeiten am eigenen Heim soweit fortgeschritten, dass das Malen am Proklamierungsbild im eigenen, neuen Atelier fortgeführt werden konnte.
Weihnachtsgeschenke
Für einen Künstler wie von Werner war es selbstverständlich, zur Weihnachtszeit an Freunde und Bekannte das ein oder andere kleine Bild zu verschenken. Die zur damaligen nur als Skizzen angesehenen Werke übersteigen heutzutage die Möglichkeiten der meisten Künstler. Solch eine kleine Skizze ist nachfolgend abgebildet:
Einen Auszug aus dem treffenden Dankesschreiben Graf Moltkes vom 2. Januar 1875 sei hier nicht verschwiegen:
Vielen freundlichen Dank, bester Herr von Werner, für Ihr schönes Weihnachtsgeschenk. Es ist reizend, wie Sie die Eigentümlichkeiten der Menschen1875
im flüchtigen Blick aufzufassen wissen, so daß man sie selbst wenn sie den Rücken zukehren, sogleich erkennt. (Moltke)
Widerspenstiger Kaiser
Werner, dessen offizielle Ernennung zum Direktor der Akademie im Laufe des Jahres nur noch Formsache war, sollte als Sprecher einer Deputation zum Neubau eines Akademiegebäudes dem Kaiser Wilhelm I. vorsprechen. Angelegenheiten der Kunst waren zu dieser Zeit Sache des Oberhaupts der Nation. Die wohlüberlegten Pläne wurden vom Kaiser mit den Worten abgelehnt:
Diesen Platz habe ich allerdings schon für die Denkmäler der Generäle des letzten Krieges bestimmt", und entließ uns lächelnd mit den Worten:Der kleine große Menzel
"Aber ich werde für Ihr Projekt eine schlaflose Nacht opfern. (Wilhelm I)
Das künstlerische Ereignis des Jahres 1875 war das große Gemälde 'Eisenwalzwerk' von Adolf Menzel.
Dieses Bild wurde von Werner sehr bewundert:
genialer Schöpfung... stand mit den "Modernen Zyklopen", wie das Bild vom Publikum getauft wurde, auf der Höhe seines Schaffens und seines Ruhmes.Das Bild soll Jahre später auf der Weltausstellung 1878 das Highlight der deutschen Kunstabteilung gewesen sein und in Meissonier seinen größten Bewunderer gefunden haben. Und dies nicht zum ersten Mal. Auch schon 11 Jahre vorher wurde Menzels Hochkirch-Bild auf der Weltausstellung 1867 vom großen Franzosen sehr gelobt.
Anton von Werner bewunderter Menzel schon seit frühster Jugendzeit. Während seiner Ausbildungszeit in Berlin Anfang der 60er Jahre vermied von Werner jedoch aus Furcht vor den Marotten des großen Meisters den Kontakt. Erst 1867 auf der Weltausstellung in Paris lernten sie sich persönlich kennen.
Eines Abends war auch der belgische Maler Alfred Stevens dort, und ich fungierte als Dolmetscher zwischen beiden, weil Menzel nur wenig Französisch verstand. Stevens befragte Menzel u.a. um seine Meinung über Henry Leys, der in der belgischen Abteilung hervorragend mit Wiederholungen seiner Antwerpener Rathausbilder in kleinerem Format vertreten war. Mit einer originellen schraubenartigen Handbewegung antwortete Menzel: "C'estl deuxieme main;" er meinte damit die Nachahmung der Malweise verschiedener Meister, die Leys' Spezialität war, und die Menzel nicht schätzte.Vor der unbarmherzigen, ehrlichen Kritik Menzel fürchtete Werner sich noch längere Zeit. Erst nach den ersten ausführlicheren persönlichen Kontakten 1875/76 entspannte sich das Verhältnis zu dem alten Meister. Anton von Werner war in späteren Jahren einer der wenigen, die Menzel in seinem Atelier besuchen durfte, wovon er jedoch selten Gebrauch machte.
Das Menzel, dessen Werke als einer der wenigen Salonmaler der damaligen Zeit heute noch in Buchhandlungen zu sehen sind, kein Freund des aufstrebenden Nichtskönnertums war, mit dem er heute als geistig verwandt in Verbindung gebracht wird, zeigt folgendes Zitat Anton von Werners:
Ein andermal, als es sich um den Orden pour le merite für A. Böcklin handelte, wurde er aber wild und die Worte überstürzten sich, als er zornig ausrief:Mobbing
"Dieser Mensch ist an dem ganzen Unfug Schuld, der jetzt in der Malerei getrieben wird!"
Im April 1875 wurde Anton von Werner offiziell zum Direktor der Akademie ernannt, um sogleich die weiter oben skizzierten Veränderungen anzugehen. Das dies nicht immer reibungslos verlief, ist offensichtlich. Mobbing würde man das wohl heute nennen. Aber seine tiefste Überzeugung der Richtigkeit der notwendigen Maßnahmen und Fürsprecher in höchsten Ämtern, ließen ihn nicht beirren. So blieb er bis zu seinem Tod in dem wohl wichtigsten Amt für Künstler der damaligen Zeit und ließ sich auch von freundschaftlichen Hinweisen auf die nutzlose Kraftverschwendung, die diese Position innehat, nicht abhalten. Auch von Adolph Menzel nicht:
Sagen Sie mal, beabsichtigen Sie wirklich, Ihre Kräfte hier länger zu vergeuden? Sie sind doch wirklich zu Schade dafür! (Menzel)Venedig
Nachdem von Werner in München mit Hans Thoma und einigen anderen Geburtstag feierte, ging es Richtung Venedig.
Grund dieser Reise war die Fertigstellung des Siegessäulenfrieses. Das Gemälde sollte in Mosaik umgesetzt werden. Da war die weltbeste und bekannteste Firma nur Recht. Das Stabilimento Salviati (1880/81 zum Beispiel das Kuppelmosaik im Aachener Dom), welche die Glasbläserkunst (Murano Gläser) und die Glasmosaiktechnik wiederbelebt und zu neuen Höhen geführt hat. Deren Fortschritte an seinem Fries wollte von Werner begutachten.
Die Persönlichkeit des Firmengründers Dr. Antonio Salviati beschreibt unser Künstler so:
Ich hatte den überaus rührigen und lebhaften Herrn, der von Fach Advocat war, schon einige Jahre früher gelegentlich der Ausführung des Mosaikfrieses am Pringsheim'schen Hause in Berlin kennen gelernt; er beherrschte und sprach mit derselben Lebhaftigkeit wie seine Muttersprache die deutsche, englische und französische Sprache, was ihm bei seinen geschäftlichen Verhandlungen sehr zustatten kam.
In Venedig begleitete von Werner, der zu dieser Zeit brauchbares Italienisch sprach, das Kronprinzenpaar auf ihren Empfängen und Erkundungen. Eine Szene, wenn man von Werner glauben schenken mag, beschreibt die sympathische Kronprinzessin Victoria treffend:
"Wenn es abends zur Rückfahrt ging, wurde der Ruf laut: "Ecco le gondole pei fumatori!", und es wollte dann niemand in die Gondel zu den kronprinzlichen Herrschaften steigen, weil in der Nähe der Frau Kronprinzessin natürlich nicht geraucht werden durfte. Die hohe Frau aber rief lachend: "Kommen Sie nur, Sie können hier auch rauchen, nur rauchen Sie nicht von meines Mannes Zigaretten, die taugen nichts.
Abwechslungsreicher Ausklang
Auf der Rückreise Richtung Berlin besuchte von Werner bei einem Zwischenhalt in München das Atelier Franz von Lenbachs. Es wird als ziemlich schmucklos beschrieben. Aber die meisterhaften Porträts sind ihm trotzdem in Erinnerung geblieben.
In Berlin malte er an dem Treppenhausbild für die Villa Behrens in Hamburg 'La Festa',
führte einige kleinere dekorative Arbeiten durch und kümmerte sich um seine ersten Atelierschüler (Albert Schwarz, Ernst Tepper, Fischer Görlin, Karl Hochhaus, L.Manthe, Philipp Fleischer und Max Koner).
Wie im Vorjahr war von Werner wieder in Radolfzell bei seinem Freund Scheffel zu Gast.
Die Zeit wurde unter anderem für erste Vorarbeiten zur Illustration des 'Ekkehard' genutzt. Einem Mammutprojekt, welches Trotz langjähriger Arbeit nie beendet wurde. Auch nach dem Tode Scheffels 1886 zeichnete von Werner noch gelegentlich die ein oder andere Illustration dazu, aber, da es immer nebengleisig lief, war die Aufgabe nicht zu bewältigen und wurde irgendwann ganz eingestellt.
Ende des Jahres 1875 starb nach langer Leidenszeit sein Schwiegervater, Professor Adolf Schroedter in Karlsruhe, der, wie von Werner es formulierte,
...aber bis zum letzten Hauch künstlerisch tätig...Der Höhepunkt des Jahres war für Anton von Werner die Enthüllung des Siegessäulenfries in Gegenwart des Kaisers. Das zugehörige Originalbild wurde 1877 in der Münchener Kunstausstellung ausgestellt und dann dem Breslauer Museum vermacht.
Oben angekommen
So endete die erste Hälfte der 70er Jahre mit einem großen Triumph für Anton von Werner. Er hatte sich in den letzten fünf Jahren von einem noch relativ unbekannten Preußischen Maler zum wichtigsten Künstler des deutschen Reichs entwickelt. Das Jahrhundertbild der Kaiserproklamation war in Arbeit, das Siegessäulenfries enthüllt. Er hatte freundschaftliche Bekanntschaft mit den Herrschern des Landes geknüpft, die Aufträge flogen ihm nur so zu.
Nun auch noch Direktor der bedeutenden Berliner Akademie.
Eine unglaubliche Karriere für einen jungen Mann Anfang 30. Das brachte natürlich auch Neider auf den Plan. Aber Können setzte sich oft durch, so auch in von Werners Fall.
Abschließend noch ein kleines 'Problem', mit denen von Werner häufiger zu kämpfen hatte:
...fragte einer der eingeladenen Gäste, als ich zur Erwiderung der Begrüßungsrede das Wort erbeten hatte, seinen Nachbarn, den Professor Max Michael: "Warum läßt der neue Direktor eigentlich seinen Sohn für sich reden?Weitere große Aufgaben standen an. Dazu ein andermal mehr...
das eigene Geschmack als Qualitätskriterium ...
AntwortenLöschen... so wird die Kunst ganz einfach
Auch eine Art die Welt zu begreifen.
Weiter so!
Gruß Stephan oettermann
Das Vorrecht des naiven Laien ist es, einfältig zu glauben, dass die Einschätzung als hohe Kunst (und Kunst an sich von Technik) vor allem von Geschmack und Zeitgeist abhängig ist. Aber ich bin neugierig gespannt, von einem Fachmann zu erfahren, wie und warum man dies anders sehen muss.
AntwortenLöschenwelch ein Schwachsinn, schau mal woher das Zitat stammt! Es ist Hitlers Vorstellung von Kunst ansonsten ist zu diesem Beitrag nichts hinzuzufügen.
AntwortenLöschenHast du auch inhaltlich etwas zu sagen?
AntwortenLöschenWenn Hitler die Semmelknödel, die serviert wurden, lecker fand, mussten sie dann in Wahrheit scheiße schmecken?
Wenn Hitler Beethoven brillant und Schönberg schrecklich fand, muss deswegen Schönberg das Genie sein?
Wenn für Hitler 3 * 3 = 9 war, musste man deswegen die Mathematik ändern?
ich müsste dringend wissen in wessen besitz sich "Anton von Werner: Dürerfest des Vereins Berliner Künstler im Saale des Konzerthauses (1872)" befindet.
AntwortenLöschenmit besten dank
Laut dem Werksverzeichnis von 1997 ist die Lithographie in der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen Berlin zu finden. Ob die Tuschzeichnung auch noch existiert, wird nicht beschrieben. Vielleicht ist sie im Besitz der Bibliothek oder sogar des Kunstverein selber.
AntwortenLöschenIch würde gerne wissen, wo sich das Gemälde zu dem Siegessäulenfries befindet (bzw. der Karton), da ich gerne eine Bilddatei hätte. Leider sind die Bilder auf der Siete alle geschwärzt, daher wollte ich fragen, ob Sie mir die Bilder des Siegessäulenfrieses schicken könnten.
AntwortenLöschenSchonmal vielen Dank im Vorraus und beste Grüße Max
Ich wollte fragen, ob Sie mir die Bilddateien (Entwurf,Karton, etc.) des Siegessäulenfrieses zukommen lassen können, da die Bilder hier ja nun leider geschwärzt sind. Falls Sie wissen, wo sich das Bild nun befindet(noch in Berslau?) würde ich mich freuen, wenn Sie mir helfen könnten.
AntwortenLöschenHallo, der Karton ist in wunderbarer Qualität bei zeno zu finden:
AntwortenLöschenhttp://www.zeno.org/Kunstwerke/A/Werner,+Anton+von/Gem%C3%A4lde/02
Er soll laut Werksverzeichnis von AvW (2 Auflage 1997) im Depot des Berliner Museum (Nationalgalerie SMB http://www.smb.museum) gelagert sein. Da wird er wohl aufgrund seiner enormen Größe leider heute noch den Blicken verborgen verstaut sein.
Dein Blog hält mich schon stundenlang von der Arbeit ab. So informativ und spannend! Danke für die tolle Vorstellung so vieler Maler, die wesentlich mehr Öffentlichkeit verdienen.
AntwortenLöschenLG Kristina Gehrmann (Illustratorin)
Danke Kristina! Ich hoffe du liest in Richtung alte Berichte, denn dann bist du kurz vorm Ende (oder Anfang, wie auch immer) und hast es bald geschafft :-)
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