Anton von Werner (Teil 2)
Anton von Werner gewann 1866 ein einjähriges Stipendium für eine Italienreise. Bevor er jedoch diese Reise antrat, sollte ein längerer Aufenthalt in Paris seinen künstlerischen Horizont erweitern. Im Jahr 1867 zog er in die französische Hauptstadt, nachdem er sie 1865 nur flüchtig besucht hatte.
Paris galt damals als Mittelpunkt der Kunstwelt, wo die technisch versiertesten Meister lebten und lehrten. In dieser Atmosphäre hoffte von Werner, seine Fähigkeiten weiterzuentwickeln und neue Impulse zu erhalten.
Weltausstellung 1867
Gelegen kam ihm die Weltausstellung 1867, an der er sowohl als Beauftragter der süddeutschen Staaten als auch als Künstler teilnahm. Dort stellte er sein erst kurz zuvor vollendetes Historiengemälde Konradin von Hohenstaufen und Friedrich von Baden, das Todesurteil hörend aus.
Öl auf Leinwand - 286 x 237 cm
Die Weltausstellung, eine Art „Olympiade der Nationen“ auf künstlerischem, handwerklichem und technischem Gebiet, war ein hochpolitisches Ereignis. Die teilnehmenden Länder präsentierten sich mit ihren besten Errungenschaften, gefördert durch höchste Regierungsstellen.
Von Werner fiel auf, dass die Präsentationen stark variierten: Während die Kunstabteilung Belgiens unter der Leitung von Hendrik Leys ein homogenes Bild abgab, wirkte der deutsche Auftritt – ein Spiegelbild der politischen Zersplitterung – uneinheitlich.Leben in Paris
Dank der freundlichen Unterstützung von Professor Eduard Willmann lernte von Werner Paris erstmals in seiner ganzen Vielfalt kennen und schätzen. Willmann führte ihn in den deutschen Künstlerkreis ein, der ihm ein Gefühl von Heimat bot. Neben regelmäßigen Museumsbesuchen verbrachte von Werner seine Zeit ähnlich wie in Karlsruhe: mit Musizieren sowie Besuchen von Opern und Konzerten.
Arbeit in Paris
Feder in Schwarz über Bleistift, laviert - 46,9x 36,2 cm
Ursprünglich hatte er geplant, Aktkurse bei Leon Bonnat oder Charles Gleyre zu belegen. Doch der erfahrene Maler Leon Cogniet, beeindruckt von von Werners Talent und seinem Weltausstellungsbeitrag, riet ihm davon ab. Ein so fähiger Künstler sollte seine Pariser Zeit besser mit dem Malen von Bildern verbringen, statt als Schüler seine Zeit zu vergeuden.
Von Werner folgte diesem Rat und begann mit der Arbeit an seinem Gemälde Heinrich IV. durch Anno von Köln geraubt. Dieses Historienbild sollte erneut seine Meisterschaft in einem Genre unter Beweis stellen, das als die „Krone der Malerei“ galt – nicht zuletzt, um sich selbst zu beweisen, dass er zu Großem fähig war.
Ausstellungen in Paris
Außerdem beeindruckte von Werner die Gedächtnisausstellung für den kürzlich verstorbenen Jean-Auguste-Dominique Ingres, den Werner sehr schätzte.
reinster und keuschechster Weiblichkeit.
Andere Städte
Ende 1867 unternahm von Werner eine Reise ins ländliche Frankreich, besuchte Städte wie Chartres und Châteaudun und studierte deren Architektur und Kunstwerke. Obwohl ihn einige Eindrücke nachhaltig beeindruckten, hinterließen diese Reisen nicht denselben prägenden Eindruck wie seine späteren Erlebnisse in Italien.
Mit Gustave Courbet, einem der Vorreiter der Moderne, machte von Werner ebenfalls Bekanntschaft – in einer für Courbet typischen Manier:
... saß in Hemdsärmeln, seine kurze stinkige Pfeife qualmend, am Tisch, anscheinend betrunken, spuckend, rülpsend und hin und wieder einige Sätze in gewöhnlichsten Pariser Jargon vor sich hinglucksend - das Ideal des freien Künstlers.Weihnachten in Karslruhe
Weihnachten 1867/68 verbrachte von Werner in Karlsruhe, da ihn Heimweh nach seinen Freunden zog.
Zurück nach Paris
Öl auf Leinwand - 194 x 250 cm
Man sollte immer eine fröhliche junge Dame in ein Gemälde einfügen... und das ist es, was fehltkonnte und wollte er dann doch nicht folgen.
...modellierte ich mir die ganze Gruppe im Kahn aus Wachs und bekleidete die Figuren mit Stückchen Gewand in den entsprechenden Farben, um darnach, das Ganze in die Sonne gestellt, die Wirkung probieren zu können, ein Verfahren, das Delaroche, Gerome und Meissonier wie auch Sir Frederic Leighton und Sir L. Alma Tadema oft angewendet haben.Erfolg im Pariser Salon 1868
Am Pariser Salon 1868 beteiligte sich Anton von Werner mit zwei kleineren Gemälden. Ein besonderer Eindruck blieb ihm von Jean Georges Viberts meisterhaftem Werk Mönche, die sich bewaffnen, das zu seinen Lieblingswerken zählt. Auch für von Werner war der Salon äußerst erfolgreich: Beide seiner eingereichten Bilder fanden direkt einen Käufer.
Italien (1868 - 1869)
Nun stand Italien bevor – ein Land, das seine künstlerischen Anschauungen klären und bereichern sollte. Die technischen Grundlagen seiner Kunst hatte er in Paris perfektioniert, doch Italien versprach Inspiration und geistige Erneuerung. An moderner Malerei zeigte er wenig Interesse, mit Ausnahme der Werke von Anselm Feuerbach,
...dessen mir seit langem bekannten Werke ich überaus hochschätze...
Die Reise nach Italien führte zunächst über München, wo er auf die Pilotyschule hoffte. Doch die Distanz und Berühmtheit der Pilotyschüler erschwerte den Kontakt:
Die Herren Pilotyschüler waren aber schon so berühmt und zugeknöpft, daß es mir nicht gelang, eine freundschaftlich gemeinte Annäherung zu erzielen...Gemeinsam mit seinem Freund Joseph Victor von Scheffel durchquerte er die eindrucksvolle Schweiz, wo sie bis Anfang November verweilten. In entspannter Stimmung und mit Erwartungen an das Abenteuer Italien setzten sie ihre Reise fort.
Dreck und Enge
Die Ankunft in Italien begann ernüchternd. Die allgegenwärtige Verkommenheit und Schmutz waren ihm in diesem Ausmaß fremd. Das ganze multipliziert mit schlechtem Wetter erhellte seine Stimmung erst ab Venedig. Padua vorher war ein Graus, Verona zwar teilweise beeindruckend, aber auch nicht wirklich einladend. Von Venedig war ihm vor allem die tolle, nächtliche Ankunft samt einer Fahrt über den Canale Grande Richtung Hotel, gleitend in voller Dunkelheit und Stille, in traumhafter Erinnerung geblieben. Florenz hinterließ mit seiner eisigen Kälte auch keinen positive Erinnerung. Bei einer katastrophalen Zugfahrt im strömenden, kalten Dauerregen saß er wie ein Hering im Abteil zusammengepfercht, bis er endlich in Rom ankam.
Rom ein Loch
Rom selbst bot ihm zunächst wenig Freude. Seine kleine, verwanzte Wohnung und ein Atelier in einem zwielichtigen Viertel verstärkten die bedrückende Atmosphäre
Auch betrat man die langen, finsteren Gänge des winkligen Hauses abends nie anders als mit dem brennenden Cerino in der einen Hand vor sich ausgestreckt und den derben Spazierstock schutz- und schlagbereit in der anderen.Auch die geringe öffentliche Sicherheit trug zu seinem Unbehagen bei. Die ihm bekannten Erzählung über den Maler Schweinfurth, der einen nächtlichen Angreifer töten musste, milderte das Unwohlsein nicht.
So war es kein Wunder, dass er zu Beginn kein Auge für die Rom typische Renaissance- und Barockarchitektur hatte und diese erst viel später schätzen lernte.
Deutscher Künstlerverein
Eine Wendung zum Besseren brachte seine Aufnahme in den schon seit Jahrzehnten bestehenden Deutschen Künstlerverein. Hier fand er, wie in Karlsruhe und Paris, Anschluss an kulturelle und gesellschaftliche Aktivitäten, die ihn mit Musikabenden, Gesprächen und selbst organisierten Veranstaltungen aufmunterten.
Von den in Rom ausgestellten Kunstwerken beeindruckte ihn besonders Diego Velázquez’ Porträt des Papstes Innozenz X:
Arbeit und KünstlerbekanntschaftenAber ich muß gestehen, daß eigentlich nur ein Bild in Rom auf mich den Eindruck vollendeter Malerei machte: das Porträt des Papstes Innocenz X. von Velazques in der Galerie Doria, ein Eindruck, der unverwischbar geblieben ist.
Feder in Schwarz und rote Tusche sowie weiße Deckfarbe - 47,8 x 32,1 cm
In dieser Zeit lernte er mehrere große Künstler in Rom kennen.
- Von Hans Markart, obwohl sehr schweigsam und wenig anregend in der Unterhaltung, schwärmt er in höchsten Tönen.
Aber er malte, und wie! In einem leeren, kahlen Atelier, das Gegenstück von seinem später so berühmten Wiener Prunkatelier, entstand sein Bild Julie auf dem Sterbelager, während Paris mit dem Hochzeitszug naht wie aus dem Nichts heraus in kürzester Zeit. Im Atelier sah man keine Studien, auf dem Fußboden lagen nur verschiedene Fetzen Stoff, Modell habe ich bei ihm, so oft ich ihn auch besuchte, nie angetroffen, und von seinem Schaffen machte er keinerlei Aufhebens.
- Im Gegensatz dazu wird Anselm Feuerbach beschrieben, der zu dieser Zeit an dem großen Gemälde Das Gastmahl des Plato arbeitete. Feuerbach schätze er zwar künstlerisch sehr hoch ein, aber menschlich verachtete er ihn.
Er hatte mir, zusammen mit allem, was ich in deutschen Künstlerkreisen über seine Eitelkeit und seinen Größenwahn gehört hatte, einen wenig sympathischen Eindruck gemacht - wie all jene berühmten Leute, die vor dem lieben Ich beständig auf die Knie liegen.
- Ferdinand Keller war zu dieser Zeit auch in Rom. Da er aber sehr eng mit Feuerbach befreundet war, war der Kontakt zu Anton von Werner nicht sehr groß. Vom malerischen hätte er, wie Werner meinte, jedoch viel besser zum Freundeskreis Makarts gepasst.
- Ein anderer großer Künstler, der zu dieser Zeit in Rom zu treffen war, und den er gerne viel näher kennen gelernt hätte, war der Spanier Mariano José María Bernardo Fortuny y Marsal, kurz Mariano Fortuny.
Schlechter Reiseführer, guter AnführerBetreffs der Wertschätzung seiner künstlerischen Bedeutung war er das gerade Gegenteil von A.Feuerbach, denn in Paris, wo ich bei Goupil sein Meisterwerk Fantaisie arabe gesehen hatte, erzählte mir dieser, daß Fortuny das Bild nicht im Salon ausstellen wollte, weil es ihm nicht vollendet oder gut genug dafür erscheine.
Zu Ostern 1869 war der schon aus Karlsruhe bekannte Gönner Graf Albert Flemming zu Gast. Dieser zeigte von Werner seine Grenzen als Fremdenführer in der päpstlichen Stadt schnell auf:
Den Grafen für den Reiz der Campagna zu begeistern wollte mir auch nicht gelingen. Als wir auf einer Fahrt schon längst mitten drin in der berühmten Landschaft waren, fragter er: "Wann kommt denn die Campagna?" und äußerte auf meine Antwort, daß das eben die Campagna sei enttäuscht: "Na, hören Sie mal, da ist es doch bei mir in Buckow viel schöner, da wollen wir nun umkehren."
Holzstich
...der als Prix de Rome in der Villa Medici soeben seine vielbewunderte Pflichtarbeit Judith und Holofernes, zwar noch unfertig, aber ein koloristisches Meisterwerk, ausgestellt hatte.Verträumter Süden
Das andere, verträumte Italien lernte er in den folgenden Monaten auf seinen Reisen Richtung Süden kennen.
Besuch des Tivoli und der Villa d'Este erzeugte jedoch noch nicht bei allen Beteiligten ungeteilte Freude
... und amüsierten uns nebenher köstlich über das Gejammer des behäbigen Franz Meyerheim, dem das Hinauf- und Hinunterklettern weniger Behagen als Schweiß verursachte und der deshalb unausgesetzt über das niederträchtige Leben in Italien schimpfte und Rom ein ganz elendes Drecksnest nannte, das für die Zivilisation erst erobert werden müßte.Aber die nachfolgenden Tage in die Sabiner Bergen, Sorrent, Neapel und Capri waren so, wie man sich das romantische Italien erträumt. Die deutsche Künsterlergruppe, mit der er reiste, war eine kleine Attraktion für die Einheimischen. So lernten sie erstmals 'einfache' Italiener wirklich kennen.
Mehrfach beeindruckt war Anton von Werner von den Feuerwerkskünsten der Italiener, die eine märchenhafte Atmosphäre erzeugten.
Weiße, grüne und rote bengalische Flammen erhellten fortwährend die steilen Felswände, welche in der glutroten oder grünen Beleuchtung seltsam phantastisch in die blaue Luft hineinragten.Das war das Italien seiner Phantasie:
Gondelfahrt, Mondschein, Illumination, Vesuv, Zitherklang und Gesang - es war eine richtige italienische Nacht, wie der Berliner sie sich denkt.
Öl auf Leinwand - 122 x 152,2 cm
Richtung Heimat
Schon neigte sich das Jahr seines Stipendiums dem Ende zu. Im Herbst und Winter 1869 führte ihn die Heimreise über Pompeji, Assisi und Venedig.
Paolo Veronese: Das Gastmahl im Hause des Levi (1573) |
Auf zu neuen Ufern
Mit dem Ende seines Stipendiums begann für Anton von Werner eine neue Phase. Seine Lehrjahre waren beendet, und große Aufgaben wie die Ausmalung der Aula des Kieler Gymnasiums standen an.
Soweit seine Jugenderinnerungen.
Hallo, hab diesen Blog gerade erst entdeckt, dein Statement spricht mir aus der Seele, beeindruckende Arbeit, ich denke dass hier sehr viel Arbeit drinnen steckt, vielen Dank dafür, ich werde sicher noch öfter vorbeischauen...
AntwortenLöschenVielen Dank Sabrina für die freundlichen Worte. Wenn es Spaß macht, ist es ja keine Arbeit.
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