Was ist Kunst?
Merkwürdige Ansichten
Was Kunst ist, ist eine Frage, die seit Jahrhunderten gestellt wird – doch wohl nie wurde sie so merkwürdig beantwortet wie im 20. Jahrhundert.
- Kunst muss neu sein.
- Kunst wird durch technisches Können behindert.
- Kunst muss anecken und unklar sein.
- In jedem steckt ein Künstler.
Solche Ansichten hätten in früheren Zeiten Gelächter oder Kopfschütteln ausgelöst. Doch in unseren Ohren klingen diese Phrasen der „Heiligsprechung des Nichtkönnertums“ nicht mehr fremd; tausendfach gehört, erscheinen sie uns nun beinahe wahr. Und in fast jeder Kunstschule oder jedem modernen Museum werden sie auch lehrbuchmäßig umgesetzt – oder?
Was wirklich Kunst ist
Was es wirklich mit Kunst auf sich hat, ist natürlich etwas ganz anders.
Kunst kommt zuerst und als wichtigstes von Können.
Wer sein Handwerk nicht versteht und perfekt beherrscht, ist verloren. Ein Sportler, der ständig über seine eigenen Füße stolpert, wird nie ein Weltklasse-Läufer werden. Ein Maler, der sich nicht durch jahrelange Arbeit die Kontrolle über Linien, Farbabstufungen, Übergänge und Perspektiven erarbeitet hat, kann nie ein wahrer Künstler werden. Er bleibt ein Nichtschwimmer, der nur davon träumt, sich wie ein Fisch frei in den Weiten des Meeres zu bewegen. Erst wenn die handwerkliche Grundlage gelegt ist, kann er beginnen, seine Ideen umzusetzen.
Diese eigentlich triviale Erkenntnis scheint heute an den Kunsthochschulen in Deutschland nicht mehr von Interesse zu sein. Grelle Farben, die vom fehlenden Verständnis für Farbkomposition und -abstufungen ablenken sollen, und zahllose Perspektivfehler, die absichtlich tiefgründig und bedeutungsvoll wirken sollen, verdecken das fehlende zeichnerische Können. Das A und O sind möglichst schiefe, hässliche Darstellungen von allem und jedem, um angeblich auf die Schrecken der Welt hinzuweisen – schließlich ist alles andere ohnehin als „Kitsch“ verschrien.
In Wahrheit liegt der Grund darin, dass das Malen eines realistischen Bildes jeden noch so kleinen Fehler offenbart, da wir Menschen jede Sekunde unseres Lebens mit offenen Augen realistische Bilder wahrnehmen und kleinste Ungenauigkeiten sofort bemerken.
Wer nichts kann, kann auch kein Bild komponieren!
- Können ist also die wichtigste und einzig klar festlegbare Voraussetzung für Kunst.
- Ein Kunstwerk wirkt unabhängig vom Künstler oder dessen Absicht.
- Es besitzt eine technische Qualität, die bewundert wird
- und sich nicht einfach kopieren lässt. Das Dilettanten wie Picasso, Klee, Matisse und Konsorten häufig gefälscht werden, ist ein offensichtliches Resultat dieses fehlenden Könnens.
- Ob ein Bild als Illustration oder eigenständiges Kunstwerk betrachtet wird, ist dabei völlig unerheblich.
- Entscheidend ist allein das Ergebnis, und dafür sind weder der Auftraggeber noch die Motivation des Künstlers von Bedeutung.
Das folgende, dilettantische Bild eines Jungen von Malevich hätte, ohne seine Signatur, keinerlei Wert und hat nichts, aber auch gar nichts in einem Museum zu suchen – und doch ist es dort zu finden.
Kasimir Malevich: Junge (1928-1932) |
Demgegenüber ist das Gemälde eines Mädchens von Bouguereau - einem der größten Maler aller Zeiten, der jedoch in den Kunstbüchern unserer Zeit weitgehend ignoriert wird – zeitlos schön. Es wäre ebenso beeindruckend, selbst wenn es von einem Hans Mustermann aus Bienenbüttel gemalt worden wäre.
William Bouguereau: Une Vocation (1890) |
Was meiner Meinung nach in das Reich der Subjektivität gehört, ist die Frage,
- ob ein Bild bis ins kleinste Detail mit viel Liebe ausgearbeitet sein sollte oder ob sich der Maler – wie man so schön sagt – auf das Wesentliche konzentriert und das Beiwerk Beiwerk sein lässt.
- Ebenso ist es Geschmackssache, ob die Pinselstriche des Malers sichtbar sind oder nicht,
- ob es eine Gattungshierachie in der Malerei geben sollte und
- was ein Bild ausdrücken soll, sei es etwas Erhabenes, Ideales, Schönes, Hässliches oder Provokatives.
Naja//
AntwortenLöschenKunst kommt von Können!
Das ist genau meine Meinung.
Das Kunst mit einem Handwerk gleichzusetzen ist, dessen Ausübung nur Braunfetischisten und realismusfanatischen Menschen vorbehalten sein soll, empfinde ich als schlichtweg grotesk und falsch.
Die Kunst wäre tot, wenn sie heute noch die Aufgaben übernehmen müsste wie sie sie vor dem 19Jh. erfüllte. Die Umwelt und die Menschen in der näheren Umgebung abzubilden wie sie sind ist keine Kunst. Ich muss nur einen Fotoapperat nehmen und ich kann die schönsten Landschaftsbilder aufnehmen (Wenn ich Zeit und Lust habe, könnte ich sie auch noch mit einem beliebigem Pc-Programm verändern das ein hübsches Gemälde rauskommt). Alles keine Kunst. Eher große Langeweile.
Die Kunst musste sich distanzieren von allem was Fotos ähnelt um bestehen zu können. Die Handschrift des Künstlers musste deutlicher werden. Sie musste das Bild bestimmen. Der neutrale und besonders un/informierte Betrachter bleibt damit zwar auf der Strecke, dies ist aber nicht wirklich tragisch weil grade diese Art von Betrachter sich in den darauffolgenden Jahren eh mit Fernseher und Foto beschäftigen wird.
Buchempfehlung meinerseits wäre auch noch Sloterdijks "Kritik der zynischen Vernunft".
Das nur das Ergebnis zählt in der Kunst ist einfach nur falsch. Kunst ist kein Produkt mehr.
Ich kauf doch meine Bilder nicht dort wo ich mir ein Auto kaufe.
Gerade dieser kalte und verstaubte Umgang mit dem Material "Kunst" hat doch dem Realismus den Kopf gekostet.
(Wobei mir Bilder von Courbet und Leibl gut gefallen.)
Ich stimme ihnen aber zu das gerade die wirtschaftliche Abhängigkeit der Kunst vom Käufer schädlich ist und das deren theoretischen Blüten (siehe Beuys und ähnliche Aktions- und Installationskunst)
Was mir an ihrem Blog gut gefällt ist der besondere Reiz der von ihm ausgeht, dadurch das er sich einer sehr speziellen Zeit nähert und dessen Stimmung und Stil gut rüberbringt.
Mir gefällt eher wenig der grobe und herablassende Ton der sogenannten "modernen" Kunst. Sie wird als dilletantisch und geldgierig gebranntmarkt ... und das (bis auf Außnahmen)zu unrecht.
Aus meiner Sicht sind (bis auf Koons ... etc)DIe Künstler heute inhaltlich reifer und stärker als damals, wenn ich mir einen Lucien Freud anschauen der mit seinem groben Strich die Haut bearbeitet oder mir die labilen Zeichnungen eines Egon Schiele betrachtet geht mein Herz auf. Aus diesen einfnachen Strichen spricht FÜR MICH mehr Leben, als aus tausend Akademischen Schulen.
Mann darf auch nicht die Entwicklung der Menschheit aussen vor lassen wenn mann über Kunst spricht. Die Menschen verändern sich und betrachtet man sogennante "primitive" Kunst dann war Kunst auch nicht immer handwerkliche Ausübung.
Für mich geht es heute bei Können eher um die Fähigkeit Atmossphäre zu vermitteln. Wenn ich mir ein akademisches Bild ansehen, spricht es mich nicht an. AUCH wenn ich dennoch die sorgfalt und das handwerkliche Geschick begreife und bewundere, ist mir der Inhalt fremd und die Welt und alles was es vermittelt seltsam fern. Eine leichte Zeichnung die vielleicht nicht diesen grad an handwerkskunst vorzuweisen hat// aber dafür um Längen der Konkurrenz von damals in puncto Wirkung vorraus ist(FÜR MICH).
Ich denke die Kunst moderner Kunst besteht darin mich immer wider zu überraschen ... positiv im Sinne von spannenden Zeichnungen und interessanten Motiven und Stilen.
Negativ immer dort wo offensichtlich wird wie verlogen das große Geschäft doch ist.
Die Geldgier und die Macht die von einzelnen Signaturen ausgeht ist wirklich erbämlich und beängstigend zugleich ...
Aber positiv ...
Unten ein paar links zu besonders gern und häufig von mir betrachteten Bildern verschiedener Künstler . Und ich sehe sie mir gerne und oft an =). Freiwillig. ;)
Otto Dix - Selbstbildnis als Soldat http://www.siu.edu/~dfll/German/ArtImages/OD-selbstbildsoldat.jpg
Egon Schiele - Selbstportrait
http://2.bp.blogspot.com/_NRQLwmCEeHQ/STByu6dIxCI/AAAAAAAAZWQ/8DCC3tMqjxg/s400/Egon_Schiele_Self.jpg
Lucien Freud - Reflections with two Children
http://www.vincesear.com/wp-content/uploads/2008/02/freud_reflection.jpg
Francis Bacon - Figure with Meat
http://memykidandlife.com/blog/wp-content/uploads/2009/01/francis-bacon-1.jpg
Gustav Klimt - Schwebend
http://images.google.de/imgres?imgurl=http://images.zeno.org/Kunstwerke/I/big/2570009a.jpg&imgrefurl=http://www.zeno.org/Kunstwerke/B/Klimt,%2BGustav:%2BSchwebender%2BFrauenakt%2B%255B1%255D&usg=__sGJbDPsYLLsURTuH1ZcDrSb1P1E=&h=3000&w=2112&sz=549&hl=de&start=2&um=1&tbnid=_OUvMPl0LtMFcM:&tbnh=150&tbnw=106&prev=/images%3Fq%3DKlimt%2Bschwebend%26um%3D1%26hl%3Dde%26ie%3DUTF-8
naja und viele mehr...
Ich hoffe mal das mein Eintrag nicht ignoriert wird weil ich hab mir mitten in der Nacht viel Mühe gemacht un ich bin selber noch Schüler und schreibe eigentlich Morgen Klausur (wie passend Kunst-Lk 4 Stunden :P ) und müsste eigentlich schlafen. :D
Liebe Grüße und nochmals Danke für den schönen Einblick in die Werke großer Maler und Zeichner vergangener Tage. Werde sicher noch häufiger vorbeischauen und ich hoffe das sie diesesn Kommentar nicht unkommentiert stehen lassen . =)
Ps: Schule und Kunst sollten dringend reformiert werden. Ich wäre für strengere Inhalte und umfassendere Zeichen und Malerei Ausbildung. In den ersten 6 Klassen explizit und ab 7 oder 8 dann mit ergänzendem Kunsttheorie und -Geschichtsteilen. Bla Bla Bla ... ;D und so weiter ...
Hallo Tim, ich hoffe die Klausur war auch ohne Schlaf gut zu meistern.
AntwortenLöschenIch habe mit dem Blog angefangen, weniger um zu diskutieren, sondern eher, um eine etwas andere Sicht aufzuzeigen und zu informieren.
Aber da du/Sie soviel geschrieben hast, würde ich gerne, wie gewünscht, auf einige Äußerungen näher eingehen, da ich dies teilweise etwas anders sehe. Kann erst jetzt antworten, da ich ein paar Tage nicht online war.
Ich weiß nicht, ob es wirklich so gemeint ist, aber die Anmerkungen zu Beginn legen den Eindruck nahe, dass 19.Jahrhundert Salonmalerei mit Photorealismus gleichzusetzen ist und das Photorealismus keine Kunst ist
Schau dir die großen akademischen Maler wie Alma-Tadema, Bouguereau, Messionier, Vibert, Piloty oder wie sie auch immer heißen an. Man wird wohl kaum ein Bild finden, das ernsthaft mit einem Foto zu vergleichen ist.
Und Photorealismus ist für mich aufgrund des Können Kunst. Aber, wie du/sie zurecht sagst, aufgrund der Bilderflut, der wir ausgesetzt sind, oft langweilige. Beispiel dafür ist z.B. http://www.ralphlgoings.com/
Im Gegensatz dazu ist für mich http://www.danielsprick.com/html/archive.html teilweise große Kunst, obwohl er auf den ersten Blick auch
photorealistisch wirkt. Seine komplexeren Bilder, wie http://www.danielsprick.com/html/58large.html sind sehr interessant arrangiert und gemalt.
"Das nur das Ergebnis zählt in der Kunst ist einfach nur falsch. Kunst ist kein Produkt mehr.
Ich kauf doch meine Bilder nicht dort wo ich mir ein Auto kaufe."
Den Zusammenhang mit dem Autohaus verstehe ich nicht, aber dass nur das Ergebnis zählt, ist genau meine Aussage. Die Intention des Maler interessiert in erster Line überhaupt nicht. Die Bilderwelt eines Hieronymus Bosch fasziniert heute noch.Nicht, weil man besonders viel über den Maler weiß oder seine Intention kennt(die genaue Bedeutung der Symbolik ist oft unbekannt oder mehrdeutig), sondern weil die Motive fesseln und er für die damalige Zeit ein großer Könner war.
"Mir gefällt eher wenig der grobe und herablassende Ton der sogenannten "modernen" Kunst. Sie wird als dilletantisch und geldgierig gebranntmarkt ... und das (bis auf Außnahmen)zu unrecht."
Ich werfe der 'modernen Kunst' ihr fehlendes Können vor. Das jeder Scharlatan mit viel Trara, ernstem Gesicht und Geschwätz als Künstler durchgeht.
Diese Sicht ist heutzutage de facto Gesetz. Kritische Stimmen sieht man im deutschsprachigen Raum nicht. (Ich habe einmal in meinem Leben einen Kommentar zu einem Kunstbericht online in der FAZ verfasst, der war aber innerhalb von einer Stunde wieder gelöscht...)Das kann ich nicht ernst nehmen und beziehe mich deswegen
schon mal auf die Auswüchse, wenn z.B. für Müll 5, 6 stellige Summen im Gespräch sind, die, wenn der Müll von dir wäre, keinen Cent wert sind.
Im weiteren erwähnst du die Atmosphäre, die ein Werk ausstrahlen muss. Das es dich ansprechen muss. Das es wirken muss. Und erwähnst dann Bilder von Dix, Freud, Bacon, Schiele oder Klimt.
Ich kenne die Künstler natürlich und habe mir die Bilder angeschaut. Und auf mich wirken sie ganz anders, nämlich gegenteilig. Ich finde die Bilder der Künstler meist langweilig, schlecht gemalt und sie berühren mich höchstens negativ. Klimt und Freud kann man das Können nicht absprechen. Aber was ein Freud aus diesem macht, spricht mich überhaupt nicht an, ist aber Kunst.
Aber darum geht es mir gerade. Ein Raffael wird nach 500 Jahren noch als großer Künstler angesehen, nicht weil die religiösen Motive den modernen Betrachter berühren, sondern aufgrund ihres großen Können. Der Geschmack ist individuell und ändert sich, das Können bleibt.
"Ich denke die Kunst moderner Kunst besteht darin mich immer wider zu überraschen ... positiv im Sinne von spannenden Zeichnungen und interessanten Motiven und Stilen."
Das sehe ich auch so, aber immer in Verbindung mit großem Können. Da fallen mir zum Beispiel Yuqi Wang(http://www.artrenewal.org/asp/database/art.asp?aid=625&page=3), Patrick
Devonas (http://www.artrenewal.org/asp/database/art.asp?aid=3443), Donato
Giancola (http://www.artrenewal.org/asp/database/art.asp?aid=3444) oder Daniel F.
Gerhartz (http://www.artrenewal.org/asp/database/art.asp?aid=2750) ein. Sie beherrschen ihren Pinsel, sprechen mich an, wirken und strahlen. Moderne Kunst ist nicht tot, sie ist nur nicht in deutschen Museen zu finden.
Soweit mein Senf zu der Sache :-)