Anton von Werner (Teil 1)
Anton von Werner: Die Proklamation des Deutschen Kaiserreiches (1885)
Öl auf Leinwand - 167 x 202 cm
Auch wenn man den Namen Anton von Werner noch nie gehört hat, könnte sein bekanntestes Werk dennoch vertraut sein: Die Proklamation des Deutschen Kaiserreiches. Es zeigt die Krönung Kaiser Wilhelms I. in Versailles – der Moment, der als inoffizielle Geburtsstunde der deutschen Nation gilt.
Wie die eigentliche Zeremonie damals genau aussah, weiß niemand. Es gibt keine Fotografien von der Proklamation selbst, lediglich ein paar Gruppenaufnahmen davor oder danach. Von Werner nutzte künstlerische Gestaltungsmittel, um ein Werk von höchster Meisterschaft zu schaffen – eines, das die historische Szene lebendig werden lässt und dabei sowohl ihn als Künstler als auch seine Auftraggeber zufriedenstellt.
Selbst wenn man der Monarchie jener Tage nur mit einem müden Lächeln begegnen mag, sollte man seinen Blick durch Vorurteile nicht trüben lassen. Vielmehr gilt es, die Augen für das Werk eines genialen Malers zu öffnen, den ich im Folgenden näher vorstellen möchte: Anton von Werner.
Wer war dieser Maler, der mit den Großen seiner Zeit verkehrte und auch bei den Kleinbürgern bekannt war? Seine frühen Jahre bis 1870 beschreibt er in seiner Autobiographie Jugenderinnerungen. Überraschenderweise – ich hatte zuvor die eher trockenen Kunstansichten von Johann Gottfried Schadow gelesen – sind sie leicht und flüssig zu lesen.
Hier begegnet einem ein Mensch mit einer für seine Position ungewöhnlichen, leicht ironischen Art. Einer, der sich aus einfachen Verhältnissen dank seines Talents und seiner fesselnden Persönlichkeit bis ganz nach oben arbeitete. Seine Abneigung gegenüber den „neuartigen, katastrophalen Kunstströmungen“ seiner Zeit macht ihn dabei umso sympathischer.
Mein Vater hatte keinerlei Veranlassung, dem Schicksal gerade Dank- und Lobeshymnen für das Los zu singen, das es für ihn gezogen hatte, aber er hatte sich damit abgefunden und war mit Puff und Knuff in harter Arbeit durchs Leben gekommen. Seine Gemütsart war dadurch freilich nicht sonderlich nach der zarten und weichmütigen Seite hin entwickelt, also daß meine Erziehung auch nicht gerade auf eine weiche Molltonart abgestimmt war, sondern ich befand mich häufig einem bedenklichen väterlichen capricio furioso in Dur gegebenüber, aus dem mich nur das Eingreifen meiner engelsgleichen Mutter zuweilen errettete.
Eine handwerkliche Ausbildung war damals, wie heute, kein leichter Weg. Von Werner wurde zu Beginn von älteren Kollegen gehänselt, unter anderem wegen seines adligen Namens. Doch diese Erfahrungen stärkten ihn. Die Arbeit selbst empfand er
als etwas Hohes und HeiligesDennoch wusste er auch den bissigen Humor seiner Mitgesellen zu schätzen, die meinten:
"Wer die Arbeet erfunden hat, der verdiente heute noch gehenkt zu werden!" Oder "Arbeet macht det Leben scheene - sauer!" Oder "Na, heute könnte der Tag ooch mit dem Feierabend anfangen"Kunstakademie Berlin (1860-1862)
1859 schloss Anton von Werner seine Lehre ab und war fest entschlossen, Kunstmaler zu werden. Dank einer Empfehlung seines Oberbürgermeisters Piper konnte er ab 1860 an der Kunstakademie in Berlin studieren. Rückblickend betrachtete er diese Zeit jedoch als wenig produktiv. Vieles, was dort gelehrt wurde, hatte er sich bereits selbst angeeignet.
Als ein Schüler ihn fragte:"Malt man die Lichter (beim Kopfmalen) eigentlich kalt und die Schatten warm?", antwortete Herbig mit salomonischer Weisheit:"Ja, sehn Sie, det is so'ne Sache, der Eene machts so und der Andere umgekehrt, und et jeht ooch."
Wir fanden endlich in einer Bierwirtschaft ein Zimmer mit zwei Betten im Dachgeschoß, dessen Tür aber kein Schloß hatte, während das Fenster nicht zu schließen war, weil man eine mächtige schwarz-rot-goldene Fahne hinausgesteckt hatte; außerdem krachte in der Nacht noch mein Bett zusammen, und ich fiel hinaus. Es war recht gemütlich und ich dachte: diese Vergnügungsreise fängt gut an.
...als ich eines Nachmittags bei Scheffel war und Herr Dr. Wilhelm Jordan gemeldet wurde. Scheffel machte ein bedenkliches Gesicht und meinte: "Er wird doch nicht?"... aber schon war er in der Tür; mit rotseidener, flattender Krawatte, aber ohne Manuskript - wir atmeten auf, aber zu früh. Denn verbindlich lächelnden Antlitzes erklärte er - während Scheffels immer länger wurde -, daß er jetzt nicht mehr lese sondern rhapsodiere und uns nun Siegfrieds Tod als Rhapsode vortragen würde. Scheffels dringender Hinweis auf einige Flaschen echten Nürnberger Biers, die er im Keller habe und deren Inangriffnahme für die herrschende Temperatur und die gerade dafür passende Tageszeit besonders empfehlenswert erschiene, bliebt zunächst wirkungslos. Scheffel ergab sich wohl oder übel schließlich dem Verhängnis und ließ, neben Jordan auf dem Sofa sitzend, mit halbgeschlossenen Augen Angstvoll Siegfrieds Tod über sich ergehen.Politische Spannungen
..., und Direktor C.F. Lessing lud alle seine Freunde ein, wenn es zum schlimmsten kommen, sich mit ihm in seiner Amtswohnung zu verbarrikadieren, wo er Schießzeug und Munition in Hülle und Fülle habe...
Anton von Werner: Kompositionsskizze zum Michael-Beer Stipendium : Josephs Wiedersehen mit seinem Vater in Ägypten (1866)
Bleistift laviert
Auf der großen Akademieausstellung 1866 in Berlin wurde sein Bild Luther vor Cajetan preisgekrönt.
Es lief also nicht schlecht für den 23-jährigen Maler, und im folgenden Jahr, 1867, folgte der erste Ritterschlag, da eines seiner Bilder bei der Weltausstellung in Paris akzeptiert wurde. Davon später mehr...
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