Arme Studenten

Akademische Tradition

Viele große Künstler waren akademische Maler des 19. Jahrhunderts - Jehan Georges Vibert, Lawrence Alma-Tadema, Jean-Leon Gerome, Ludwig Deutsch, Anton von Werner oder Karl Theodor von Piloty, um nur einige zu nennen.
Diese akademische Tradition erlitt jedoch im 20. Jahrhundert einen großen Bruch, der zu katastrophalen Entwicklungen in der Kunst führte.

Einmal die Suchmaschine des Vertrauens anwerfen. Bei der Eingabe von „Kunst“ und „Akademie“ zeigt Google als ersten Eintrag die traditionsreiche Kunstakademie Düsseldorf. Künstler, die ich sehr bewundere, wie Carl Friedrich Lessing oder Andreas Achenbach sind untrennbar mit der Düsseldorfer Malerschule verbunden. Doch was ist aus dieser großen Tradition geworden? Wie steht es heute um die Akademie im deutschsprachigen Raum? Um es vorwegzunehmen: Meiner Meinung nach ist der Zustand sehr traurig.

Akademie heute

Ich gehe auf die Startseite, und auf den ersten Blick fällt auf, dass weit und breit kein Link zu den Arbeiten der dort Lehrenden ersichtlich ist. Bei einer Schule, die unter anderem das Malen lehren möchte, wäre dies eigentlich zu erwarten. Warum sollte ich dort studieren, wenn man sich nicht einmal traut, die Werke der Lehrkräfte vorzustellen? Die Erfahrung zeigt, dass man von solchen Schulen oder Akademien besser nicht zu viel erwarten sollte – alles andere wäre übertrieben optimistisch.

Dilettantischer Realismus

Die schwer auffindbaren Werke der Studierenden im Abschnitt „Rundgang“ bestätigen dies nur: typischer dilettantischer Realismus. Ein Niveau, das Mitleid für die Studierenden erweckt, die mit kaum vorhandenen Fähigkeiten künftig ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen. Im Vergleich zu den Schülerarbeiten der Akademien des 19. Jahrhunderts fehlt es durchgehend an sauberer Zeichnung, Komposition und Farbgebung. Aber wie sollen sie es auch lernen? Ein Blick auf den Link zu den Informationen für Bewerber und Studierende und die wenig kunstvoll gestaltete Infobroschüre spricht Bände.

Lehrer die nichts lehren können

Dort findet sich ein Leitfaden, der aus meiner Sicht neben viel pathetischem Gerede - Stolz zu sein hier, Stolz zu sein da, Stolz zu sein dort - schon im einleitenden Zitat den KO-Schlag für die Glaubwürdigkeit als Kunstschule enthält:
"Kunst ist nicht lehrbar. Es gibt keine Regeln für die Kunst;"

Da wird mir angst und bange, wenn ich so etwas lese. Der gute Friedrich Wilhelm von Schadow, der bekannte frühere Direktor der Akademie, würde sich im Grab umdrehen, wenn er dies lesen müsste. Und das unglaubliche ist, dieses Zitat ist bewusst gewählt. Ja, Sie meinen es ernst. "Es gibt keine Regeln für die Kunst", "nicht lehrbar". Schön. Nicht lehrbar!
Warum sollte ich denn überhaupt bei euch studieren? Nichts lernen kann ich auch zu Hause und meine Fehler immer wieder machen auch.
Nichts lehren und keine Regeln impliziert die ach so hoch geschätzte Kreativität und Innovationslust. Da haben eure nicht vorhandenen Lehrerbeispiele und Studierendenarbeiten bestimmt einiges zu bieten.
Stimmt, jetzt sehe ich es. Eine beeindruckende Papiertüte auf dem Kopf, wunderbar. Schreckliche grelle Farben gewählt. Perspektive extra nicht beachtet. Respekt. Da haben die Schüler des angeblich so großen Herrn Immendorf wirklich fleißig nichts gelernt und Regeln missachtet. Schöne schlecht gemalte Papiertüte. Arme Studenten.

Es geht doch

Natürlich ist Kunst lehrbar und es gibt hunderte Regeln für die Malerei, wie für jede andere Tätigkeit, welche Talent, Können, Fleiß und nochmals Fleiß verlangt, um wunderbares zu leisten. Warum wohl haben alle großen Maler über die Jahrhundert hinweg viele Jahre der Ausbildungszeit benötigt. Weil dies Zeitverschwendung war? Weil sie es nicht besser wussten? Nein, weil man erst, wenn man die Grundlagen beherrscht, diese zum kreativen Schaffen verwenden kann.

Denn Kunst kommt von Können und ohne Können keine Kunst!

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