Montag, 9. März 2015

Kunsthalle Karlsruhe Teil 3 (Ende)

Es fehlen noch vier Schwergewichte, welche einen Teil ihres Lebens in Karlsruhe verbracht haben. Diese werden im Folgenden vorgestellt.

Carl Friedrich Lessing (1808 - 1880)

Der Preuße Lessing übernahm 1858 den Direktorenposten der Kunsthalle und blieb in Karlsruhe bis zu seinem Lebensende. Nach dem Tod Schirmers übernahm er für eine Übergangszeit zusätzlich die künstlerische Leitung der Akademie.

Es waren nicht immer einfache Jahre für Lessing, denn die politischen Spannungen führten zu manch kritischer Situation. Zugespitzt bestimmt in den Monaten des Deutschen Krieges, bei dem Baden, verbündet mit Österreich, Preußen nicht gerade wohlgesinnt war. Ein Zeitungsartikel enthielt die offene Drohung, dass Lessing, je nach Verlauf des Konflikts, Unannehmlichkeiten zu erwarten habe.
..., und Direktor C.F. Lessing lud alle seine Freunde ein, wenn es zum schlimmsten komme, sich mit ihm in seiner Amtswohnung zu verbarrikadieren, wo er Schießzeug und Munition in Hülle und Fülle habe... (Zitat Anton von Werner)
Aufgrund der schnellen Beendigung des Krieges eskalierte die Situation jedoch nicht.

Das in der Kunsthalle ausgestellte romantische Bild der Kreuzfahrer aus dem Jahre 1863 wurde frisch von der Staffelei der großherzoglichen Sammlung einverleibt. Nach langer, beschwerlicher Reise erreichten die Kreuzfahrer den heiß ersehnten Fluss, um ihren brennenden Durst zu stillen.

Carl Friedrich Lessing - Die Kreuzfahrer in der Wüste (1863)
Typisch für Lessing wird hier nicht idealistisch der Höhepunkt einer Kreuzfahrt, wie z.B. der Einzug in die eroberte Stadt, dargestellt, sondern der Blick auf eine weniger spektakuläre, menschliche Randszene gelenkt. Diese soll eine realistischere Vorstellung von solch einer Kreuzfahrt liefern. Realistisch in dem Sinne, dass es in dieser Art hätte passiert sein können. Komponiert ist es natürlich weiterhin bis ins letzte Detail.

Carl Friedrich Lessing - Die Kreuzfahrer in der Wüste (1863) - Details

Das andere große Historienbild Lessings in der Kunsthalle sorgte bei seinen Konkurrenten für großes Wehklagen und Missgunst. Es wurde für einen so hohen Betrag (der jedoch dem damaligen Marktwert seiner Bilder entsprach) angekauft, dass das Budget der Ankaufskommission für Jahre verbraucht war. Uns ist dies nur recht, denn so können wir uns an dem Disput zwischen Martin Luther zur Linken und Johannes Eck zur Rechten erfreuen.
Carl Friedrich Lessing - Disputation zwischen Luther und Eck auf der Pleißenburg zu Leipzig im Jahre 1519 (1867)
Carl Friedrich Lessing - Disputation zwischen Luther und Eck auf der Pleißenburg zu Leipzig im Jahre 1519 (1867) - Detail

Anton von Werner (1843 - 1915)

Anton von Werner kam aufgrund der Empfehlung von Professor Adolph Schroedter für vier Jahre (1862 - 1866) nach Karlsruhe 

Künstlerisch schätzte von Werner diese Jahre wenig. Er lernte mehr über die Malerei aus den Gesprächen mit Lessing als aus dem Unterricht an der Akademie. Privat jedoch war die Zeit ein voller Erfolg. Das kleine, übersichtliche Karlsruhe kam seinem Naturell sehr entgegen. Es war eine familiäre Atmosphäre, in der viel diskutiert, musiziert, aufgeführt und politisiert wurde. Mit Scheffel gewann er einen lebenslangen Freund, dessen Werke von Werner vielfach illustrierte. Und seine zukünftige Frau, die Tochter Schroedters, lernte er ebenfalls hier in Karlsruhe kennen.

Das in der Kunsthalle ausgestellte Werk Konradin von Hohenstaufen und Friedrich von Baden, das Todesurteil hörend war das erste große Historienbild von Werners und wurde auf der Weltausstellung in Paris akzeptiert. Ein Erfolg für den damals noch völlig unbekannten Maler.
Hinweis: Die Farbgebung ist auf den Details unten realistischer als auf dem Gesamtbild oben.

Anton von Werner - Konradin von Hohenstaufen und Friedrich von Baden wird 1268 zu Neapel im Kerker durch Robert von Bari auf Behehl Karls von Anjou das Todesurteil verkündet (1866)
Anton von Werner - Konradin von Hohenstaufen und Friedrich von Baden wird 1268 zu Neapel im Kerker durch Robert von Bari auf Behehl Karls von Anjou das Todesurteil verkündet (1866) - Details

Anselm Feuerbach (1829 - 1880)

Feuerbach ist Spross einer weitverzweigten Gelehrtenfamilie. Bekanntester Verwandte ist sein Onkel Ludwig. Das Feuerbach trotz dieser feinen Herkunft in seinen Äußerungen oft weniger taktvoll war, habe ich vor Jahren einmal hier beschrieben. In einer für den Sonderling typischen Mischung aus Selbstmitleid, Arroganz und Holzhammer bekommt natürlich auch Karlsruhe sein Fett weg:
  • Schirmer war eine Jammerseele, 
  • die Stadt ein Dorf, 
  • die Leute borniert, 
  • die Zeit in Karlsruhe insgesamt verschwendet.
Die Verantwortlichen des Museums haben ihm dies aber nicht übel genommen, denn in der Kunsthalle sind immer noch einige Werke Feuerbachs ausgestellt. Das ambitionierteste Projekt seiner Laufbahn war das Gastmahl des Plato oder auch Symposion genannt. Er hat es in zwei Versionen umgesetzt, die erste Fassung ist hier abgebildet, die zweite Version befindet sich in der Nationalgalerie, siehe zum Beispiel hier. Das 6 Meter breite Gemälde nimmt fast den ganzen Raum ein. Zum Zeitpunkt meines Besuchs war der Platz vor dem Bild mit Stuhlreihen belegt, bestimmt ein schöner Rahmen für einen Vortrag in wunderbarer Umgebung.

Anselm Feuerbach - Das Gastmahl des Plato (1869)

Rechts sind Philosophen (unter anderem Sokrates) dargestellt, welche über Eros sinnieren und debattieren. Links erscheint ein bacchantischer Zug (Alkibiades), der die gelebte Sinnesfreuden repräsentiert. Die Person in der Mitte des Bildes (Agathon), ist Vermittler zwischen diesen beiden Sphären.

Anselm Feuerbach - Das Gastmahl des Plato (1869) - Details

In dem Feuerbachraum ist neben diesem Großgemälde unter anderem ein Selbstporträt des Malers ausgestellt. Es zeigt ihn als nachdenklichen Dandy, der, wie für Feuerbachs Porträts charakteristisch, seinen Blick in unbekannte Ferne richtet. Zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissend, dass er nur noch zwei Jahre zu leben hat.

Anselm Feuerbach - Selbstbildnis (1878)

Einen Überblick zu bieten über Feuerbach wäre ohne ein Bild seiner geliebten Nana unvollständig. Er hat diese römische Schönheit in vielen Bildern festgehalten und konnte auch den Großherzog Friedrich I von ihrer Aura überzeugen. Denn dieser erwarb das Bild 1861 direkt vom Künstler zur Verschönerung von Schloss Mainau.

Anselm Feuerbach - Nanna Risi (1861)

Ferdinand Keller (1842 - 1922)

Enden möchte ich mit einem der treusten Söhne Karlsruhes. Ferdinand Keller. Der Maler war über 40 Jahre Professor an der Kunstakademie, der er 33 Jahre als Direktor vorstand. Angebote anderer Städte hatte er genug, aber seiner geliebten Heimat blieb er bis zu seinem Ruhestand treu. Als Dank wurde manches seiner Gemälde für die Sammlung erworben. So auch den Türkenlouis zur Verherrlichung der badischen Geschichte. Die Ankaufskommission, der auch Lessing angehörte, verwendete für den Kauf ihre gesamten Mittel des Jahres 1878/79. Dies verursachte aber diesmal keinen Aufschrei, wie es noch vor Jahren bei Lessings Luther-Bild der Fall war.

Ferdinand Keller - Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden, der Türkenlouis, reitet nach der Schlacht bei Salankamen am 19.8.1691 in das Zelt des sterbenden Mustafa Köprili (1879)

Die Schlacht ist barock-überladend gemalt, der Kampf tobt, die Leiber sind verschmolzen. Man kann in der Hektik nur schwerlich die einzelnen Szenen abgrenzen. Auf dem Höhepunkt des Kampfes dringt der Fürst, hoch auf seinem Ross, in das Zelt des sterbenden Feindes ein. Die Türken sind überwältigt, der Sieg ist nah, Baden triumphiert.

Ferdinand Keller - Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden, der Türkenlouis, reitet nach der Schlacht bei Salankamen am 19.8.1691 in das Zelt des sterbenden Mustafa Köprili (1879) - Details

Fazit

Die Kunsthalle in Karlsruhe ist ein tolles Museum. Ich hoffe, mein Bericht macht etwas Appetit auf mehr, denn der Anblick der Originale ist durch keine Abbildung zu ersetzen.

Kunsthalle Karlsruhe Teil 2

Die Karlsruher Maler des 19. Jahrhunderts verbindet man vor allem mit der Landschafts- und Historienmalerei.


In diesem Teil möchte ich ein paar Landschaftler vorstellen, welche ihren Weg in die Sammlung der Kunsthalle gefunden haben.

Johann Wilhelm Schirmer (1807 - 1863)

Der Aufstieg der Karlsruher Kunstakademie zur bedeutenden Institution begann Mitte des 19. Jahrhundert mit der Anwerbung Johann Wilhelm Schirmers. Er galt als einer der Hauptgründer der weltweit bekannten Düsseldorfer Landschaftsschule und war Anziehungspunkt für junge Maler und schon bekanntere Kollegen.

Schirmers Naturansichten sind oft ähnlich komponiert wie die seines Vorbilds Carl Friedrich Lessing. Die Bilder könnten auch ohne menschliche Staffage bestehen, aber zur Abrundung ist fast immer eine kleine Geschichte eingebaut, um das Interesse an dem Gemälde zu steigern. Schirmer stellt hierbei meist kleine Anekdoten oder biblische Geschichten dar.
So wie in den beiden Szenen aus der Serie Die vier Tageszeiten, welche der Großherzog 1858 der Sammlung einverleibte.
 
Johann Wilhelm Schirmer - Der Mittag - Der Überfall auf den Wanderer (1857)

Johann Wilhelm Schirmer - Der Abend - Der Barmherzige Samariter (1857)

Seine große Stärke zeigte Schirmer, wenn er frei von solchem Tiefgang die Natur darstellte, wie sie war. So sind in der Kunsthalle zwei schöne Ausflüge mit Blick auf ein weites Tal ausgestellt.

Johann Wilhelm Schirmer - Das Geroldsauer Tal bei Baden-Baden (1855)
Johann Wilhelm Schirmer - Das Oberbeuerner Tal vom Cäcilienberg aus - Vormittag (1855)

Wahre Meisterwerke sind seine detaillierten Studien, die nicht als eigenständige, für die Öffentlichkeit gedachte Werke galten.

Johann Wilhelm Schirmer - Böschung mit Baumstamm (um 1855-60)

Die Felsküste bei Etretat habe ich schon 2002 in einer Aachener Ausstellung gesehen und war damals hin und weg. Und nach all den Jahren hat sich an dieser Wirkung nichts geändert. Dieses kleine Werk ist für mich noch immer die schönste Küstenstudie, die ich je gesehen habe. Ein Höhepunkt der gesamten Karlsruher Sammlung.

Johann Wilhelm Schirmer - Felsküste bei Etretat (1836)

Carl Blechen (1798 - 1840)

Blechen ist einer der ausgestellten Landschaftsmaler, die keine direkte Verbindung zu Karlsruhe haben. Sein Bild soll die Sammlung der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vervollständigen. Ausgestellt ist ein typisches Italien-Motiv Blechens. Ein spektakulärer Blick die Steilwand hoch in Richtung Kloster, welches er aus einer etwas anderen Richtung auch hier festgehalten hat.

Carl Blechen - Blick auf das Kloster Sta. Scolastica bei Subiaco (1832)

Carl Morgenstern (1811 - 1893) 

Der Frankfurter Morgenstern rundet die hochwertige Zusammenstellung der Zeit vor 1850 ab. Der Künstler war ein guter Architektur- und Landschaftsmaler, ist aber leider nicht allzu bekannt. An der Qualität seiner Bilder liegt es jedenfalls nicht, diese sind von hoher Güte. Die von seiner frühen Italienreise beeinflussten Gemälde überzeugen durch schöne Lichteffekte, wie auch in diesem Bild. Seine große Schwäche war die Darstellung der menschlichen Staffage, aber in seinen Freilichtstudien, wie diese hier, spielte dies, zum Glück mag man sagen, keine Rolle.

Carl Morgenstern - Am Golf von La Spezia (1841)

Arnold Böcklin (1827 - 1901)

In jungen Jahren lebte der Schweizer Böcklin fast sieben Jahre in Rom. Die Italienreise stand zu dieser Zeit noch auf dem Pflichtprogramm viele Maler und ebbte erst mit dem größeren Selbstbewusstsein zur eigenen nationalen Kunst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts langsam wieder ab.
Das in der Kunsthalle ausgestellte Landschaftsbild Böcklins wirkt auf meiner Aufnahme bei weitem nicht so schön, wie es wirklich ist. Vor allem der große, alles überragende Baum in der Mitte, mit seiner hellen, gefleckten Rinde, ist wunderbar gemalt.

Arnold Böckling - Landschaft im Albanergebirge (1851)

Eugen Bracht (1842 - 1921)

Eugen Bracht war einer der besten Landschaftsmaler im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Anton von Werner war sehr bemüht, ihn nach Berlin zu holen und machte ihm dies mit einer Professur schmackhaft.

Seine Lehrjahre verbrachte der Maler an mehreren Akademien, unter anderem an der Kunstschule in Karlsruhe, wo er zeitweise mit Hans Thoma befreundet war. Nach zwei Jahren verließ er Baden jedoch in Richtung Düsseldorf, da ihm Professor Schirmer nicht als geeignetes Vorbild erschien.

Auf den Auktionen tauchen immer wieder beeindruckende Orientbilder Brachts auf, welche das Leben in der kargen Wüste beschreiben. So wie das wunderbare Gemälde der Kunsthalle aus dem Jahre 1882. Vor dem Bild trocknet einem die Kehle. Die brütende Hitze dieses Wüstentages muss mit einem kühlen Schluck gemildert werden. Prost!

Eugen Bracht - In der Wüste Araba (1882)

Hans Thoma (1839 - 1924)

Als Anfang des 20. Jahrhunderts immer mehr Salon-Maler von der Kritik als bedeutungslos eingestuft wurden, konnte überraschenderweise Hans Thoma seinen guten Ruf behaupten. Seine Bilder gehörten technisch noch der akademischen Tradition an, aber mit ihren harmlosen Themen waren sie kein rotes Tuch für die Neues suchenden Kunstrichter.

Hans Thoma - Kinderreigen (1872)
In seinen zwanziger Jahren lebte und studierte Thoma immer mal wieder in Karlsruhe. Es war nicht die glücklichste Zeit seines Lebens, wie man in seiner Autobiographie Im Winter des Lebens nachlesen kann (zum Beispiel online hier). Nach Karlsruhe zog es ihn deshalb erst wieder im hohen Alter von 60 Jahren. Grund war ein Stellenangebot, welches er nicht ablehnen konnte. Direktor der Kunsthalle und Professor an der Akademie. Den Aufwand seiner Lehrtätigkeit konnte er gering halten, was zeigt, welch freies Leben die angeworbenen Kräfte damals in Karlsruhe hatten. Gleiches war nämlich auch von seinem Vorgänger Lessing bekannt.

Hans Thoma - Selbstbildnis mit Amor und Tod (1875)
Thoma war nicht der große Könner wie Anton von Werner. Seine Bilder sind manchmal etwas langweilig, unglücklich komponiert und die Menschen leblos. Mir gefallen vor allem die Landschaften, in denen er mit sattem grün und kräftigem blau arbeitet. So wie oben zum Beispiel beim Kinderreigen, hier oder hier.

Thoma-Kapelle Eingang
Ein faszinierender Raum, der seinesgleichen sucht, ist die Thoma-Kapelle. Man tritt von oben, über eine abgedunkelte Zwischenpassage, ein in eine Art Gruft (ohne Sarg). Diese Gestaltung verleiht dem Raum einen sakralen Charakter. Der zu Thomas Ehren errichtete Bau (1905-1909) sollte der krönende Abschluss seines Lebenswerkes werden, da der Meister selber die großformatige Gemälde aus dem Leben Jesus beisteuerte.

Vor allem die Nahaufnahmen zeigen jedoch, dass das malerische Endergebnis die hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen konnte. Die Umsetzung der Menschen ist für einen akademischen Maler eher bescheiden, nur die Gewänder können wirklich überzeugen.


Thoma - Kapelle

Thoma - Kapelle

Thoma - Kapelle
Thoma - Kapelle
Thoma - Kapelle
Thoma - Kapelle